- 276 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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gemacht; denn während des Konzerts war über den Keyboardcomputer eine zuvor aufgenommene Passage - also ein Tonträger - abgespielt worden, die nun von den Verletzern ebenfalls mitgeschnitten worden war und verwertet wurde. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg sei das Tonträgerherstellerrecht jedenfalls dann nicht tangiert, wenn lediglich winzige Tonpartikel übernommen würden. Schutzgegenstand sei nach Sinn und Zweck des Gesetzes die in dem Tonträger verkörperte besondere Herstellerleistung als immaterielles Gut.     

OLG Hamburg ZUM 1991, S. 545, 548


Folgt man dieser Auffassung, so soll dieses immaterielle Gut allem Anschein nach nur dann verletzt sein, wenn hierdurch eine meßbare Beeinträchtigung der durch das Gesetz geschützten Position erfolgt. Dies sei bei der Entnahme kurzer Teile der Klangwiedergabe nicht der Fall.

Meines Erachtens überzeugt die Argumentation des Oberlandesgerichts Hamburg nicht. Der Leistungsschutz des Tonträgerherstellers besteht unabhängig davon, ob wertvolles oder nicht wertvolles Tonmaterial aufgenommen wird. Er ist auch unabhängig davon, wie hoch die Herstellungskosten der Aufnahme waren. Ebenso ist die Länge der Aufnahme kein aus dem Gesetz erkennbarer Anhaltspunkt für oder gegen den Schutz. Sie ist gleichgültig. Nicht nur die Aufnahme einer mehrsätzigen Sinfonie, sondern auch die Aufnahme eines verhältnismäßig kurzen Vogelgezwitschers ist geschützt.

Meines Erachtens gilt dies dann zwangsläufig auch für einzelne Teile der jeweiligen Aufzeichnung, gleichgültig, ob es drei, zehn oder mehr Töne sind oder ob es sich nur um einen einzigen Ton handelt. Demnach wäre Klangdiebstahl jedenfalls dann verfolgbar, wenn von einem vorhandenen Tonträger einzelne Ausschnitte entnommen werden.     

Ebenso Paul W. Hertin, a.a.O. (Fußn. 3), S. 578; Paul W. Hertin, Die Vermarktung nicht lizenzierter Live-Mitschnitte von Darbietungen ausländischer Künstler nach den höchstrichterlichen Entscheidungen"Bob Dylan" und "Die Zauberflöte", GRUR 1991, S. 722, 730; Franz Schorn, a.a.O. (Fußn. 3), S. 580; a. A.Thomas Hoeren, a.a.O. (Fußn. 3), S. 580 f.



d) Zwischenergebnis


Zusammenfassend ist festzustellen, daß Urheberrechtschutz beim Sound-Sampling nur dann eingreift, wenn die Tonfolge und/oder die Klanggestaltung die im Urheberrecht vorausgesetzten Anforderungen an die hinreichende Individualität erfüllen. Je kürzer die entnommenen Fragmente sind, desto eher scheidet Urheberrechtsschutz aus. Dasselbe gilt für die Leistungen der ausübenden Künstler. Am ehesten läßt sich Sound-Sampling mit dem Schutz der Tonträgerhersteller begegnen. Dies setzt freilich voraus, daß eine Schallaufnahme vorliegt, von welcher einzelne Teile entnommen werden. Bei Live-Darbietungen entfällt also auch dieser Schutz.


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