- 273 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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7. Plagiat


Wird darum gestritten, ob eine Komposition ganz oder teilweise unfrei benutzt wurde, so kommt es in erster Linie auf die Übereinstimmungen beider Musikstücke an.

BGH GRUR 1988, S. 810, 811 - Fantasy; BGH GRUR 1988, S. 812, 814 - Ein bißchen Frieden


Der Einwand des Benutzers, es bestünden hier und dort mehr oder weniger erhebliche Abweichungen zwischen beiden Musikstücken, ist sekundär. Entscheidend ist hingegen, ob die mit dem Erstwerk übereinstimmenden Gestaltungsmerkmale individuell, also urheberrechtlich geschützt sind, ob sie identisch oder nahezu identisch übernommen werden oder nur entfernt anklingen, so daß sie hinter den selbständigen Zügen des Zweitwerks verblassen, und ob der Benutzer von dem Erstwerk Kenntnis hatte.

Wer nämlich ohne Kenntnis des Erstwerks ein gleiches oder ähnliches Werk - eine sogenannte Doppelschöpfung - schafft, genießt denselben Urheberrechtsschutz wie der Ersturheber. Solche Doppelschöpfungen können zwar bei handwerklich üblichen Instrumentierungen und dergleichen alltäglichen Leistungen insbesondere im Bereich der Unterhaltungsmusik auftreten, sie sind ansonsten aber der absolute Ausnahmefall; denn der Gestaltungsspielraum ist im Bereich der Musik grundsätzlich so groß, daß zwei unabhängig voneinander arbeitende Urheber unterschiedlich komponieren. Deshalb liegt eine erlaubnispflichtige Benutzungshandlung auch dann vor, wenn der Benutzer das fremde Werk früher einmal gehört hatte und es ihm unbewußt als Vorlage diente. In der Regel wird der Benutzer Gründe dartun und beweisen müssen, weshalb er das ältere Werk nicht kannte.

Vgl. Gerhard Schricker in seiner Anmerkung zu BGH GRUR 1988, S. 812, 816 - Ein bißchen Frieden


Problematisch wird es, wenn das benutzte fremde Werk seinerseits schon ganz oder teilweise auf altbekannten und mittlerweile schutzlosen Formen aufbaut. Selbst wenn unstreitig ist, daß dem Benutzer das fremde Werk als Vorlage diente, wird er im Verletzungsprozeß häufig mit Hilfe eines Sachverständigen nach noch älteren identischen oder ähnlichen Werken suchen, um im Falle einer erfolgreichen Suche darzutun, daß entweder das von ihm benutzte fremde Werk gar keinen Urheberrechtsschutz genießt oder daß er sich auf eine bereits frei gewordene Komposition stützen kann. Im Bereich der Unterhaltungsmusik geht es hier oft um Volkslieder aus fernen Ländern, die mit heute üblichen Gestaltungsmitteln zu erfolgsträchtigen Schlagern arrangiert werden.

OLG München ZUM 1989, S. 309; BGH GRUR 1991, S. 531 - Brown Girl I;

 BGH GRUR 1991, S. 533 - Brown Girl II

 

Bekanntlich gibt es auch sogenannte wandernde Melodien, deren Urheber mitunter nicht einmal mehr bekannt sind und die sich in zahlreichen Musikstücken immer wieder neuer Beliebtheit erfreuen.     

BGH GRUR 1971, S. 266 - Magdalenenarie


Meistens kommt es nun darauf an, ob der Komponist des benutzten Werkes trotz Verwendung alter Melodien oder anderer bekannter


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