- 23 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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inklusive Sampling und alle Variationen an hybriden Systemen, die denkbar sind (digital mit Analogsteuerung, analog mit Digitalsteuerung, analoge Filter in digitalen Systemen, digitale Speicher in analogen Systemen etc.) in CD-Qualität, allerdings bei immer weitergehend standardisierten Sounds. (Zumindest läßt diese Entwicklung den alten Kategorienstreit über Herstellungsverfahren zwischen Köln und Paris endgültig als einen historischen, interessanterweise aber bloß technisch überholten erscheinen.)

Die unglaublichen und unbegrenzten Möglichkeiten der Werbeprospekte von einst (vor 15-20 Jahren), als das völlig neue Hörerlebnis "Elektronische Musik" noch mit Attributen wie "Psychodelic" angepriesen wurde, sind nahezu perfekten Imitationsleistungen - die immer noch auch Rationalisierungsleistungen sind - gewichen. Zum Imitationsbedarf gehört heute kurioserweise neben den klassischen Instrumenten auch schon die erste und zweite Generation elektronischer Synthesizer. Sie werden heute gleich dutzendfach von ihren flinken, mikroprozessorgesteuerten Enkeln hygienisch einwandfrei und pflegeleicht, vollpolyphon und stimmstabil mitge"ROMpelt".

Das übrige leisten "werkseitig programmierte Presets" in 256er Schritten gerechneter Anzahl (eine Anzeige in einem bekannten Magazin für Musikelektronik: "6000 Sounds für 50.- DM"), die mit- und übereinandergeschichtet, selbst- und gegeneinandermoduliert zur endlosen Variation des standardisierten Grundsounds eines Mainstream-Markts genutzt werden. Verfolgt man dies nur lange genug konsequent, klingen sie alle irgendwann gleich. Außenseiter haben kaum eine Chance. Grundsätzliche Alternativen sind auch durch Versuche, Klänge aus errechneten, virtuell nachgebildeten Instrumenten zu generieren, nicht in Sicht.

Nun stagniert allerdings seit einiger Zeit der Neugeräte-Markt zugunsten des Zubehörs: Es wird aufgerüstet. Alles an Bo(a)rd, wächst die Gefahr, Synthesizer zu aufwendig steuerbaren CD-Playern verkommen zu lassen.

Aber es gibt starke Gegentendenzen auf zum Teil ganz neuen Gebieten. Digitale Verfahren halten Einzug in Mehrspuraufnahme und Wiedergabesysteme - was sie schlagartig kompatibel zum digitalen Text, Bild und Film/Video macht. Digitalisierung ist nach Friedrich Kittler ein Kurzschluß, der unter Umgehung alles Imaginären das Reale in seiner Kontingenz erstmals symbolischen Prozeduren auftut, also Manipulationen am Realen zuläßt. Diese Manipulationsleistungen bekommen auf einer universellen Plattform, wie sie ein modernes Computersystem darstellt, eine neue Dimension.     

Friedrich Kittler, a.a.O., S. 62


Jedes noch so kleine Studio mit einem mittleren Computersystem ist heute in der Lage, nicht nur Musik, sondern viele Datenformate digital zu verarbeiten - Multimedia ist der zentrale Begriff der 90er Jahre. CD-I, Photo-CD und wiederbeschreibbare CD-Formate zeigen in der digitalen Fotografie, im CD-ROM-Publishing, dem digitalen Video und der digitalen Bildverarbeitung, was uns die Samplingtechniken schon vor Jahren im Kleinen bescherten: eine universelle Manipulierbarkeit allen Datenmaterials


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