- 21 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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der Reproduzierbarkeit von Musik hat sie auch zu einer Ware gemacht, die irgendwo im musikalischen Massenmarkt erstickt. Dessen Gesetze tolerieren keine spezifischen Produkte.     

Konrad Boehmer, a.a.O., S. 263


In diesem Zusammenhang betrachtet, war schon die elektroakustische Musik in der Rock- und Popmusik weitaus erfolgreicher! Nimmt man die Studioelektronik, Aufnahme- und Übertragungstechnik hinzu, kann man sagen: im ganzen Sektor der Unterhaltungsmusik bis weit hinein in die Produktionsverfahren klassischer Musik.

Schon im Rock'n'Roll der 50er Jahre beginnt in der Popularmusik mit Mikrofon, Verstärker und Lautsprecher der Einzug der Elektronik als zentrales, stilprägendes Element. Neben E-Gitarre und elektromagnetischer Orgel etabliert sich bald auch der Synthesizer als obligatorisches Instrument. Der Sound - Sound bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur Klangfarbe, sondern Outfit, Design, bestimmte Marken etc. - wird zum Erkennungsmerkmal für Gruppen, Mode und Stile. Das Equipment wird immer umfangreicher. Zu den Vertretern der verstärkten Instrumente kommen Effektgeräte, Drummachines, Sequencer usw. Ganze Bewegungen gruppieren sich um neue Stile, die einen verselbständigten Technizismus zum Inhalt haben.

Möglich wurde diese Entwicklung durch Elektrifizierung, später durch Elektronifizierung vieler Instrumente sowie der bereits erwähnten Spannungssteuerung analoger Synthesizer, die das "Studio im Kofferformat" ermöglichte. In den großen elektronischen Studios war Elektronische Musik automatisch immer Tonbandmusik gewesen. In vielen Arbeitsgängen entstand ein einmaliges, fixiertes Endergebnis. Mit dem neuen Instrumentarium konnte live, in Realtime, gearbeitet, in einem mehr traditionsorientierten Sinn "musiziert" werden.

Walter Carlos brachte diese Entwicklungstendenzen als einer der ersten auf den Punkt. Seine bekannte Platte Switched on Bach bot neue Klänge und Effekte, ohne musikalisch ähnlich anspruchsvoll sein zu wollen wie die zeitgenössischen Elektroniker. Im Gegenteil vermittelte doch gerade Bach als Vorlage etwas von der seriösen Bürgerlichkeit in der quasi-religiösen Verehrung klassischer Musik. Bei den experimentierfreudigeren Rockgruppen der 60er Jahre führte die technische Entwicklung zu neuen Standardisierungen und Klischees möglicher Ausdrucksformen, die immer mehr stilprägend auch für andere Parameter eingesetzt wurden.

Was diese Technik mit ihrem immer noch sehr aufwendigen manuellen Verfahren für die Analogära bedeutete, war der MIDI-Standard (1983 ins Leben gerufen - Jupiter 6, JX3P von Roland, Prophet 600 von Sequential Circuits sowie der DX 7 von Yamaha als die ersten Vertreter) für die elektronischen, computergesteuerten Instrumente, die im Rahmen der mikroelektronischen Revolution auf den Markt drängten. MIDI erhöhte die Verfügbarkeit des Materials quantitativ erheblich, ohne jedoch qualitativ an der Grundkonstellation etwas zu verändern.


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