- 195 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Die hörbare Identifizierung von Musikinstrumenten beruht auf der Konstanz gewisser Merkmale in ihrem Klang, sogenannten Invarianten. Konstant sind solche Merkmale in bezug auf eine Variation der Tonhöhe und der Spielstärke, sie sind allerdings weniger stabil gegenüber einer Variation der Spielart und baulichen Gegebenheiten, die in der Herstellung des Instruments begründet liegen.

Schon nach dieser Gegenüberstellung ist offensichtlich, daß die Konstanz keine absolute sein kann; es muß einen Spielraum geben, den unser Gehör toleriert. Die Merkmale müssen einen Spielraum haben, in dem sie sich bewegen können.

Zu den invarianten Merkmalen gehören:


1.     a) gleiche Hüllkurve über den Zeitverlauf mit Onset, Sustain und Decay; innerhalb des      Hüllkurvenverlaufs insbesondere

        b) in der Feinstruktur gleichartige Einschwingvorgänge, zumindest vom Gehör als gleich      empfundene Einschwingvorgänge.

2.     gleiche feinmodulatorische Vorgänge, die auch als "Schwankungserscheinungen"      bezeichnet wurden; es sind die statistischen Anteile im Klang.

3.     Gleiche "Vokaleigenschaft" im quasi-stationären Klanganteil. Feste Formanten im      Bereich von 200 bis 4000 Hz sind die Voraussetzung für diese "Vokaleigenschaft".      Nicht alle Klänge besitzen eine solche; aber auch, wenn sie vorhanden ist, bedeutet das      nicht unbedingt, daß dem Klang ein bestimmter Vokal klar zugeordnet werden kann,      sondern eben, daß bestimmte bei den Vokalen gefundene invariante Merkmale auch bei      Instrumentalklängen vorhanden sind.

4.     Diese Merkmale werden unterstützt durch instrumententypische Spielfiguren, die - aus      der Spieltechnik des Instruments oder dem Umgang mit dem Instrument entstanden -      immer wieder verwendet werden.



3. Merkmale und Bedingungen für einen "schönen Ton"


3.1 Spektrale Strukturierung durch Einschnitte


Damit sind die akustischen Grundlagen gelegt, und ich komme zu Punkt 3 mit der Frage: Was sind denn nun eigentlich die Merkmale eines "schönen Tones", der als nicht penetrant oder gar als quälend eindringlich empfunden wird?

Dazu scheint nach allem, was wir an Forschungen selbst zur Erklärung beigesteuert und an Forschungsergebnissen aus Büchern der letzten 50 Jahre zusammengetragen haben, zu gehören, daß die stark untergliederten Spektren sich besser anhören als die Spektren, die einfach so von oben links nach unten rechts verlaufen, wie das Spektrum eines Sägezahngenerators. Das heißt: schön klingende Töne haben Spektren, die wir uns nicht gerade als ideal einfach vorstellen können.


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