- 194 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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tungsträger für die fortissimo-Wirkung übersprungen. Wenn das absolute Maximum des Spektrums von ff-Klängen auch nicht immer im II. Formanten zu finden ist und sich vielleicht erst beim äußersten fortissimo in den höheren Formanten verlagert, so gilt doch jedenfalls, daß der II. Formantbereich bei Dynamiksteigerung deutlich stärker wird; in vielen Fällen überragt er den ersten schon beim Fortissimo. Hat das Instrument drei klanglich bedeutungstragende Formanten, setzt sich diese Entwicklung bis in den III. Formanten fort.

Wenn auch das Schumannsche Sprunggesetz in seiner strengen Formulierung, die besagt, daß der II. Formant den I. überragt, nicht in jedem Falle voll zur Geltung kommt, so ist es in der Tendenz doch zutreffend. In dieser abgeschwächten Form läßt es sich an den Klarinetten-Klängen von Jost klar nachweisen. Oben in Abbildung 2 ist deutlich zu sehen, daß nur noch wenig daran fehlt, daß die zweite Gruppe von Teiltönen stärker wird als die erste. Wenn man aber den Ton, den Jost damals zur Analyse benutzt hat, noch etwas gesteigert hätte in Richtung fortissimo oder fff, wäre es wahrscheinlich gelungen, das Sprunggesetz zu verwirklichen.

Vielleicht hätte es aber auch schon genügt, das Mikrophon an eine andere Stelle zu stellen; denn infolge der frequenzabhängigen Richtcharakteristik der Schallabstrahlung des Instruments wären an dieser Stelle vielleicht gerade die höheren Frequenzen des II. Formanten bevorzugt aufgenommen worden. Schon einige wenige Dezibel im Bereich um a4, ca. 3.5 kHz, hätten dazu ausgereicht.

Vielleicht wäre auch das Ohr des Instrumentalisten der geeignetere Ort zur Tonaufnahme gewesen. Es hat sich nämlich gezeigt, daß an der Stelle des Schallfeldes, die der Instrumentalist durch sein Hören kontrolliert, die Formantstrukturen der von ihm gespielten Klänge besonders deutlich ausgeprägt sind.

Das ist offenbar eine Frage der Ästhetik und damit der Wertung des Klangideals. Sie kommt durch das kontrollierende Hören zur Geltung

Jobst Peter Fricke, Zur Anwendung digitaler Klangfarbenfilter bei

 Aufnahme und Wiedergabe, (1986), a.a.O., S. 142

Ders, Die Wechselwirkung von Mensch und Instrument im Zusammenspiel

 von Physik und Psychologie (1993), a.a.O., S. 189


das nicht nur bei den Klarinettenaufnahmen vorauszusetzen ist, sondern sich auch bei anderen Instrumenten stichprobenhaft hat nachweisen lassen.

Wolfgang Auhagen / Bram Gätjen, Ein neuer Weg zur Aufnahme von Instrumentalklängen, in:Musikinstrumentenbau-Zs. Musik International 46, 1992, H. 5, S. 51-55


Dabei geht es letztlich um die Frage, ob die nach Benade raumgemittelten Spektren

A. H. Benade / C. O. Larson, Requirements and Techniques for Measuring the Musical Spectrum of the Clarinet., in: JASA 78 (1985), S. 1475-1498


oder die nach Gätjen am Ohr des Instrumentatlisten aufgenommenen Klänge repräsentativer für den Höreindruck sind.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, worin das Typische des Klangs eines Instrumentes liegt, woran es erkannt wird, welche Klangmerkmale seine Identifizierung unterstützen.


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