- 19 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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von heute aus betrachtet Vorfahren unserer modernen Klangsynthese- und Sampling-Verfahren.

Damals waren Fragen elektronischer Klangsynthese zugunsten von kompositorischen Lösungsstrategien und dem Problem der "Komponiermaschine", jetzt Partitursynthese genannt, in den Hintergrund gedrängt worden. Klangfarbenmelodien oder Klangkontinua, mit denen interessanterweise unter Berufung auf Schönberg u.a. auch in Köln experimentiert wurde, sind als strukturelle, als Form-Probleme aufgefaßt worden.

Für die zeitgleich in den USA an den Bell Laboratories stattfindenden Versuche, mit Rechenmaschinen zu arbeiten, hat die Nicht-Zuwendung zu computerisierten Klangsyntheseverfahren einen anderen Hintergrund: Von der Leistungsfähigkeit dieser lochkartengesteuerten Ungetüme her konnte an eine Synthetisierung von Klängen in Realtime noch gar nicht gedacht werden. Diese frühen Computer spuckten nach aufwendigen Programmier- und Rechenzeiten Zahlenkolonnen aus, die vom Operator entsprechend interpretiert und in eine Partitur übertragen werden mußten, um dann von Interpreten ausgeführt zu werden. Natürlich waren diese Versuche von einem naiven Technikglauben nach Formalisierbarkeit kompositorischer Systeme geprägt. Man suchte etwa nach Algorithmen, die geeignet wären, neue Stücke im Stile Haydns mit Hilfe des Rechners zu generieren.

So ist denn auch die Illiac-Suite für Streichquartett, die als das erste "Computerstück" bekannt wurde, eher ein Dokument für die Versuchsreihen von L.A. Hiller und M. Mathews, die mitunter sehr frei und recht umfassend interpretiert werden mußten, als ein ästhetisches Zeugnis computergenerierter Komposition.

Die großen elektronischen Studios (Köln, Paris, Utrecht, Toronto, Mailand, London, Stockholm, Warschau u.a.) wurden vor allem in Europa zu Analogstudios, die durch die von Robert Moog entwickelte Spannungssteuerungsverfahren auch langsam praktikabler wurden, so daß viele interessierte Komponisten als Gäste in diesen Studios arbeiten konnten. Damit einher gingen Öffnungen in verschiedene Arbeitsrichtungen (weg von den "reinen Lehren" z.B. des Serialismus), und auch technisch gab es fast überall hybride Lösungen zwischen dem Kölner und dem Pariser Ansatz, zwischen computergesteuerter Analogtechnik und der computergenerierten Partitursynthese.

Daher konnte der Klangfarbe als eigenständigem, vernachlässigtem Parameter gegenüber strukturellen Problemen wieder mehr Gewicht zukommen. Allerdings war die vorherrschende Simplizität der Struktur elektronischer Klänge gegenüber instrumentalen vielen Komponisten negativ aufgefallen und hielt sie bald von weiteren Versuchen ab. Dazu kam das aufführungstechnische Problem, elektronische Musik immer auch als Lautsprechermusik präsentieren zu müssen. So wurden die Übergänge zwischen instrumentalen, elektronischen und computergenerierten Kompositionen gleichzeitig zunehmend fließend (z.B. Stockhausen, Gesang der Jünglinge; Ligeti,


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