- 16 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Historische Versuche, einfache "Komponiermaschinen" zu entwerfen, erscheinen heute, vor dem Hintergrund unserer elektronischen Gedächtnisse und Symbol-Manipulatoren, in einem neuen Licht. Guido von Arezzo, um nur ein paar Beispiele zu nennen, benutzte 1030 ein Verfahren, das heute im Computerjargon table lookup heißt, Pepys (1670) und - wie bereits erwähnt - Mozart (1770) lösten das Problem über musikalische Spiele.

Die erste Phase der elektrischen Instrumente im 18. und 19. Jahrhundert war, ganz im Rahmen der angedeuteten Entwicklungen, darauf gerichtet, die traditionellen Instrumente zu übertreffen.

Die Vorstellung einer neuen Ästhetik, neuer Strukturen und anderer Musiken existierte noch nicht. Es ging nicht um eine ästhetische Klangrevolution, oder wie auch immer das im heutigen Denken vorstellbar scheint, sondern um neue Klänge, Effekte, Lautstärken und Dauern im Rahmen des Gewohnten. Eine Entwicklung, die sich viel später in der Popularmusik unter Materialaspekten wiederholen sollte!

So entstanden parallel zu der sich beschleunigenden wissenschaftlich-technischen Entwicklung

(G.S. Ohm, H. Helmholtz, J. Saveur) im Vorhof der ersten industriellen Revolution eine ganze Reihe von erstaunlichen Instrumenten. Die lange Reihe der wirklich elektronisch zu nennenden begann 1897 mit einer "Dynamophon" genannten Apparatur des amerikanischen Erfinders Thaddeus Cahill. Da ihm die Erfindung des elektrodynamischen Lautsprechers (1878, Werner v. Siemens) noch nicht bekannt war, betrieb er sein tonnenschweres Gerät, das auf der Grundlage von Zahnradgeneratoren arbeitete, wie sie später in der Hammond-Orgel zu Weltruhm gelangten, über das öffentliche Telefonnetz, was zum regelmäßigen Zusammenbruch sämtlicher Verbindungen führte. Cahill starb als armer Mann. Es folgte die Entwicklung neuer elektronischer Grundprinzipien, wie sie im Ondes Martenot, Sphärophon, Trautonium, Ätherophon etc. verwirklicht wurden     

vgl. Michael Harenberg, Computer als qualitative Herausforderung

für ein neues Denken in derMusik, Kassel 1989, S. 12ff.


Diese Maschine wurde in europäischen Zeitschriften als außergewöhnliche elektronische Erfindung zur Herstellung wissenschaftlich vollkommener Musik angekündigt, was F. Busoni     

Ferruccio Busoni, Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst, Leipzig 1907/1916


außerordentlich beeindruckte. Er war es, der als einer der ersten über ästhetische Konsequenzen der neuen klanglichen Möglichkeiten der Elektrophone nachdachte.

Materialerweiterung war das Thema. Die Suche nach neuen Strukturen und Ausdrucksformen war stark beeinflußt von den neuen technischen Erfindungen, besonders aber nach wie vor

durch deren neuartige Klangmöglichkeiten. Busonis praktische wie theoretische Arbeiten über Klangfarbe, Tonsysteme und Mikrointervalle wurden allerdings erst viel später aufgegriffen.


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