- 13 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Tieren.                          

                    Fred K. Prieberg, Musica ex Machina, Berlin1960, S. 160.


Die Erfindung der Uhrmechanik ermöglichte kompliziertere und feinere Apparate. Daß Mozart

gerne für Spieluhren komponierte und von ihrer Präzision, ihrer Wiedergabegenauigkeit (weniger von ihrem Klang) fasziniert war, ist bekannt. Weltberühmt wurde der Flötenspieler von Vaucanson. Er konnte Finger, Lippen, ja sogar die Zunge bewegen und war in der Lage, 12 Melodien zu spielen. Konkurrenz bekam er nur von einem anderen Meisterwerk desselben Künstlers, der Canard digérant, einer Ente, die fressen und wieder ausscheiden konnte. Viele Beispiele dieser außerordentlich interessanten und zuweilen skurrilen Gattung ließen sich über die Orchestrions des 19. Jahrhunderts bis in unsere Zeit hier weiter anführen.

Die "nicht-technologische" Funktion solcher Automaten ist komplizierter, als sich auf den ersten Blick erahnen läßt. Der Berner Philosoph Alex Sutter hat sehr interessant analysiert, wie sich die Funktion dieser Maschinen von der Imitation des Lebendigen hin zu Abbildern des Natürlichen, zu dessen theoretischer Repräsentanz als einem bloßen Ersatz, ideengeschichtlich entwickeln konnte.      

               Alex Sutter, Göttliche Maschinen. Die Automaten für Lebendiges, Bern 1988.


Von der Körperautomaten-Doktrin Descartes ausgehend, entstanden Vorbilder, die leitbildartig u.a. zum mechanischen Weltbild der Aufklärung und zur fortschrittsgläubigen Technikbesessenheit der Neuzeit führten.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr allzu verwunderlich, daß gerade in bezug auf diese vergleichsweise primitiven Maschinen der Konkurrenzgedanke zum leibhaftigen Interpreten, die Ausrichtung an menschlichen Höchstleistungen, das Übertreffen des Virtuosen immer mehr in den Vordergrund treten konnte. Die Funktion und Rolle von Kunst im 19. Jahrhundert erscheint hier negativ angelegt und nach wie vor aktuell. Als ein aktuelles Beispiel sei hier das Stück (mit dem unaussprechlichen Titel) cogluotobüsisletmesi (1978) für Klavier (ein- oder mehrhändig) des Komponisten Clarence Barlow genannt. Es existiert in einer ursprünglichen Version, die mit Hilfe eines Computers realisiert wurde. Der Pianist Herbert Henck spielt nun dasselbe Stück in einer Version mit verschiedenen "Ausschüben".

Die Funktion der Musik-"Roboter" verändert sich im Laufe der Zeit z.B. dadurch, daß mit ihrer Entwicklung technologische, aber auch entscheidende Umbrüche im kompositorischen Denken einhergingen. Der Übergang vom 16. zum 17. Jahrhundert als Beispiel ist der Schritt zur Kontrapunktik und damit zum zweidimensionalen Denken in der Musik

vgl. Kurt Blaukopf, Musik im Wandel der Gesellschaft, München, Kassel 1984;

Konrad Boehmer, Das böse Ohr, Köln 1993, S. 255ff..


Von da an sollen Automaten nicht mehr nur ein festgefügtes Regelwerk beherrschen und reproduzieren, sondern sich "kreativ" mit und in ihm bewegen können.

Mit der weiteren Entwicklung immer komplexerer "Automaten-Musiker" ist zunehmend die Vergegenständlichung manueller und geistiger Fähigkeiten verbunden, die so - gleichsam von ihren Schöpfern abstrahiert - als Anschauungsobjekte für die


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