- 123 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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getrieben sieht, immer noch darauf berufen kann, daß er persönlich diesen oder jenen Akkord in eben der Art höre, die seiner Privattheorie entspricht. Da es sich beim musikalischen Hören um Erlebnisqualitäten handelt, muß eine Diskussion an dieser Stelle meist abgebrochen werden. Dem könnte allerdings dadurch gesteuert werden, daß sich die Musikwissenschaft wieder stärker dem Experiment zuwendet und sich zu Untersuchungen über Grundfragen der Musik der Hilfsmittel bedient, die durch die experimentelle Psychologie beigesteuert werden.

Aus den bisherigen kurzen Erörterungen kann folgendes Fazit gezogen werden: Die bisherige musiktheoretische Forschung leidet unter unzureichenden Begriffsbildungen. Musiktheorie muß im Zusammenhang mit formaler Begriffsbildung entwickelt werden, die jedoch der psychologischen Stützung bedarf. Musiktheoretisches Arbeiten erfordert insofern eine Ergänzung durch experimentelles Arbeiten. Grundlegender Bestandteil zeitgenössischer musiktheoretischer Forschung in Verbindung mit Theorie und Experiment ist die Computersimulation. Es handelt sich um die Computersimulation kognitiver Prozesse, wie sie im Rahmen der Kognitionswissenschaft und KI derzeit durchgeführt wird.



7. Zukünftige Entwicklungen musiktheorischer Forschung

innerhalb der Kognitiven Musikwissenschaft


Wie sich zeigte, besteht im Rahmen des kognitionswissenschaftlichen Paradigmas die Möglichkeit, wissenschaftlich fundiert musiktheoretische Forschung zu betreiben. Die Computersimulation kognitiver Prozesse der Musikverarbeitung steht hierbei im Vordergrund der Forschungen und bildet das wesentliche methodische Hilfsmittel. Zentrales Problem der musiktheoretischen Forschung innerhalb der Kognitiven Musikwissenschaft ist die Konzeptualisierung des zu erforschenden Gegenstandsbereiches. Die musiktheoretische Konzeptbildung und die Computersimulation müssen begleitet werden von experimentalpsychologischen Untersuchungen. Die bisher von der KI bereitgestellten Repräsentationsformalismen sind anhand ihrer musiktheoretischen und musikpsychologischen Relevanz zu bewerten. So schreibt Tanguine (1993, S. 5): It is recognized that the direct technical approach is nearly exhausted and new musicological theories of music perception are needed (...)

Die Forschungen der letzten zwanzig Jahre im Bereich der KI hatten schon einen entscheidenden Einfluß auf andere Forschungsfelder wie z. B. die Psychologie, die Ethnologie, die Linguistik und die Neurowissenschaften. Aber auch für den Forschungsbereich Musik sind international in den letzten Jahren in den unterschiedlichsten Feldern wie Computermusik, Psychoakustik, Musikpsychologie und Musiktheorie unter Einfluß der Informationstechnologie stark konvergierende Tendenzen zu einem einheitlichen Forschungsansatz zu verzeichnen, die zu einer Neuorientierung musikwissenschaftlicher Forschung - speziell musiktheoretischer Forschung  führen


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