- 120 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Martin Vogel (1962, S. 14) in seiner Untersuchung zum Tristan-Akkord zu Recht anmerkte:


So ergibt sich die unbefriedigende und in methodischer Hinsicht unhaltbare Lage, daß Musikschriftsteller und Kritiker, die an den Problemen der modernen Harmonik interessiert sind, die Tristan-Harmonik bereits in übergeordnete Zusammenhänge einbauen, ohne daß es der Musiktheorie gelungen wäre, zu einer wohlfundierten Erklärung der Sache selbst zu finden ... Zunächst gilt es also, den Tristan-Akkord zu deuten. (...) Es wäre unbillig, den voreiligen Auslegern der neueren Musikgeschichte ihren unmethodischen Eifer zum Vorwurf zu machen. Wenn überhaupt ein Vorwurf erhoben werden soll, dann gebührt er den Theoretikern, die die Schwierigkeiten ihres Faches, die am Tristan-Akkord klar zu Tage traten, zu vertuschen und durch unzureichende, notdürftige Erklärungsversuche zu verdecken suchten. Mit methodischen Spitzfindigkeiten war dem Fache nicht geholfen.


Was ist das Problem? Hört man sich die ersten Takte des Tristanvorspiels an, so kann man sich folgende Fragen stellen: Was wurde gehört? Welches sind die Entitäten, die gehört wurden? Sind es Intervalle, Harmonien etc.? Wann sind sie es? Z. B.: Wann ist ein Zusammenklang als Akkord aufzufassen? Wie erfolgt die Konzeptualisierung? Hieraus entspringen weitere Fragestellungen, die sich aufdrängen: Wie ist psychologisch der Unterschied von Perzept und Konzept zu fassen? Muß ein Perzept durch eine Reizquelle oder einen Reiz hervorgerufen werden? Wie ist der Einfluß von Wissen auf die Wahrnehmung? Ist eine psychologisch gestützte Musiktheorie auf phänomenalistischer Basis notwendig und möglich?

Betrachten wir die Position des Tristan-Akkordes innerhalb des Tristanvorspiels ein wenig näher. Die Buchstaben repräsentieren die Töne mit der Dauer einer Achtelnote, Striche geben weitere Achtelwerte an, die durch Ziffern dargestellt werden. Das Vorspiel ist im 6/8-Takt notiert. (Die Darstellung erfolgt in Anlehnung an Martin Vogel 1962, S. 31.)

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                                   dis     -     -     -     -     -

                                   h     -     -     -     -     -

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