- 117 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
  Erste Seite (3) Vorherige Seite (116)Nächste Seite (118) Letzte Seite (381)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 


ihrer Elemente. So ist z. B. die Relation über allgemeiner als die Relation auf, denn die Relation auf ist eine echte Teilmenge der Relation über. Zusammenfassend kann eine Konzeptualisierung als ein mathematisches Objekt betrachtet werden, das aus den Objekten - speziell den Mengen - Diskurswelt, funktionale Basismenge und relationale Basismenge besteht. Eine Konzeptualisierung ist also ein Tripel . Für das Beispiel ergibt sich: Konzeptualisierung-1 = <{a, b, c, d, e}, {Dach}, {auf, über, frei}>.

Es ist anzumerken, daß die Konzeptualisierung aus Objekten, Funktionen und Relationen und nicht ihren Namen besteht. Nachdem eine Konzeptualisierung gefunden wurde, muß eine formale Sprache gefunden werden, deren Syntax explizit formuliert ist, so daß eine rein syntaktische Zeichenkettenmanipulation möglich wird, welche die Voraussetzung für die Computersimulation bildet. Eine Konzeptualisierung könnte die Interpretation eines Kalküls bilden. Diese formale Sprache bzw. der Kalkül könnte z. B. der Prädikatenkalkül sein. Gründe der Praktikabilität können es notwendig erscheinen lassen, z. B. semantische Netze oder frames in der konkreten Anwendung zu bevorzugen (vgl. Genesereth / Nilsson 1987, S. 50-57).

Wichtig ist weiterhin, sich bewußt zu machen, daß es neben einer Konzeptualisierung noch viele andere mögliche Konzeptualisierungen gibt und daß zwischen ihnen keine Entsprechung bestehen muß. Jedoch kann die Wahl einer Konzeptualisierung die Darstellung bestimmter Sachverhalte verhindern, die wiederum von einer anderen Konzeptualisierung erfaßt werden. Man denke an das traditionelles Notationssystem und die Probleme der Darstellung mikrotonaler Strukturen anderer Kulturen. Wenn eine bestimmte Konzeptualisierung die Darstellung gewisser Sachverhalte zwar nicht verhindert, so kann sie ihre Erfassung allerdings erschweren. (Man denke z.B. an die Darstellung der Vierteltonmusik in der traditionellen Notation.)

Es stellt sich daher prinzipiell die Frage, welche Eigenschaften eine Konzeptualisisierung gegenüber einer anderen auszeichnet, d. h., wie soll zwischen verschiedenen möglichen Konzeptualisierungen gewählt werden? Denken wir an die Riemannsche Funktionstheorie, die Schenkersche Theorie, die GTTM von Lerdahl und Jackendoff (1983) oder die Implikations-Realisation-Theorie von Eugene Narmour. Welche beschreibt die klassische europäisch-tonale Musik am adäquatesten? Genesereth und Nilsson (1987, S. 18) merken an, daß es zur Zeit keine erschöpfende Antwort auf die Frage der Adäquatheit einer Konzeptualisierung gibt.

Es gibt jedoch zwei wesentliche Aspekte, die bei jeder Konzeptualisierung beachtet werden sollten:

     1) die Granularität der mit der Konzeptualisierung verbundenen Objekte;

     2) die mögliche Reifikation von Funktionen und Relationen der Diskurswelt.


Die Granularität einer Konzeptualisierung betrifft deren Ebene. Ist die Ebene zu fein gewählt, so kann die Formalisierung des Wissens behindert und zu weitschweifig werden. Im Fall der Klötzchenwelt wäre es vorstellbar, die Objekte als Atome zu betrachten, aus denen die Klötzchen bestehen. Diese Szenerie wäre zwar prinzipiell


Erste Seite (3) Vorherige Seite (116)Nächste Seite (118) Letzte Seite (381)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 117 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II