- 115 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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die Basis kognitiver Fähigkeiten bilden. Dies hieße, die erkenntnistheoretische Plausibilität des logischen Mechanismus zu diskutieren. Es genügt darauf hinzuweisen, daß die Leistungsfähigkeit der ATNs in bezug auf musikalische Strukturen empirisch, d. h. durch Implementierungen von Parsern, überprüft werden müßte. ATNs wurden z.B. von David Cope (1991, 1993) zur Komposition eingesetzt.

Inwieweit dies musikalisch motiviert war und Aufschlüsse über perzeptive Vorgänge ermöglicht, kann hier nicht weiter diskutiert werden. Es soll statt dessen auf die Arbeiten von Berhard Bel und James Kippen aus dem Bereich der Musikethnologie aufmerksam gemacht werden, die in bezug auf die Modellierung kognitiver Prozesse der Musikwahrnehmung relevanter sind. Kippen und Bel (Bel 1990; Bel 1992; Kippen 1992; Kippen / Bel 1992) erforschten einen bestimmten Improvisationsstil nordindischer Musik für Tabla. Sie versuchten, die relevanten Stilelemente der Improvisation mittels pattern-Grammatiken zu beschreiben. Das von ihnen implementierte System - der Bol-Prozessor - diente dazu, dem Stil entsprechend Stücke zu generieren bzw. eingegebene Stücke zu analysieren. Außerdem beschäftigten sie sich mit dem Problem der Erlernbarkeit von Grammatiken.

Die Frage der Erlernbarkeit kann in bezug auf Grammatiken in einem formalen Rahmen diskutiert werden, welches m. E. der wesentliche Vorteil des Grammatikansatzes gegenüber den anderen Paradigmen der KI ist. Eine Fortführung der Idee "Kognition als Parsing" könnte innerhalb der Netzlinguistik (Schnelle 1988) erfolgen. Jedoch ist der Erfolg eines solchen Ansatzes von der Qualität der Grammatiken abhängig.

Wie ich zeigte, gibt es innerhalb der KI verschiedene Paradigmen, die auf die zukünftige musiktheoretische Forschung Einfluß nehmen könnten. Derzeit bilden jedoch die klassisch konventionelle Symbolverarbeitung, der Konnektionismus und das Parsing die Bereiche, die in der Musikforschung bereits mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt wurden. Trotz verschiedener externer und interner Kritik durch die anderen Paradigmen möchte ich für das Folgende den klassischen Ansatz der Modellbildung für die Computersimulation musikalischer Kognition betrachten, da er meines Erachtens neben dem Parsing derzeit für weitere Forschungen der Kognitiven Musikwissenschaft die tragfähigste Basis bildet. Innerhalb dieses Paradigma bilden die Konzeptualisierung und die Wissensrepräsentation die zentralen methodologischen Problemstellungen (für die Darstellung des nächsten Abschnittes folge ich in wesentlichen Punkten Genesereth / Nilsson 1987).



5. Die Konzeptualisierung


Zentral für die strukturelle Musiktheorie der Kognitiven Musikwissenschaft ist die Konzeptualisierung musikalischer Intuitionen, die einhergehen muß mit einer Symbolisierung und Formalisierung des untersuchten Gegenstandsbereichs, um Computer-


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