- 107 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
  Erste Seite (3) Vorherige Seite (106)Nächste Seite (108) Letzte Seite (381)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 


-      algorithmisch-simulierend (e. g. Rothgeb 1980)

-      mengen- und gruppentheoretische Konzepte der dodekaphonischen und atonalen      Musik (e. g. Rahn 1980)


Diese Strömungen bilden die derzeitigen Hauptforschungsrichtungen "formaler" Musiktheorie. Ihnen allen gemeinsam ist, daß sie psychologische Aspekte der Musikwahrnehmung größtenteils vernachlässigen. Insgesamt herrschte seit je eine Trennung von Musiktheorie und Musikpsychologie. Musiktheoretische Konstrukte bildeten nicht - wie eigentlich zu erwarten - den Ausgangspunkt musikpsychologischer Forschungen, welche andererseits wieder fruchtbringend bei der musiktheoretischen Forschung eingesetzt werden konnten.

Die Forderung von Thomas Stoffer (1985, S. 148) nach einer Wechselbeziehung von formaler musiktheoretischer und musikpsychologischer Forschung stellt deshalb bisher eher eine Ausnahme dar:


Strukturbeschreibungen der Musiktheorie sollten Eingang finden in die Bildung von Hypothesen zu strukturellen Aspekten der Verarbeitung beim Hören von Musik, und Aufgabe der experimentellen Musikpsychologie wäre es, die Nützlichkeit solcher Hypothesen im Rahmen der Theorie der Verarbeitung und Repräsentation musikalischer Strukturen zu beschreiben.


Ein erster größerer Fortschritt zu einer verstärkten Zusammenarbeit dieser beiden Forschungszweige wurde durch die Arbeiten von Fred Lerdahl und Ray Jackendoff (1983) geleistet. Dieser Ansatz bildete in den letzten Jahren die Basis für die Modellbildung und Computersimulation kognitiver Prozesse innerhalb der kognitionswissenschaftlich orientierten musiktheoretischen Forschung. Verschiedene "Formalismen" der KI - wie semantische Netze, frames und Produktionsregeln - wurden zur Realisierung der generativen Musiktheorie herangezogen.

Aber auch unabhängig von dieser Theorie wurden Wissensrepräsentationsformalismen der KI als Metaphern oder Modelle für musikalische Strukturen bzw. Strukturen des musikalischen Gedächtnisses herangezogen, um eine Operationalisierung musiktheorischer Konzepte voranzutreiben (vgl. Baggi 1992; Balaban et al. 1992; Rowe 1993; Schwanauer / Levitt 1993; Haus 1993; Loy 1989; Mathews / Pierce 1989; Marsden / Pople 1992; Tanguiane 1993).

Eine Aufzählung der verschiedenen Repräsentationsformalismen scheint in diesem Zusammenhang nicht sinnvoll, auch steht eine abschließende Bewertung ihrer sinnvollen Anwendbarkeit im Bereich der Musikforschung bisher noch aus. (Einen Überblick über die verschiedenen Repräsentationsformalismen der KI gibt jedes Lehrbuch der KI wie Winston 1992, Rich / Knight 1991, Altenkrüger / Büttner 1992 sowie Brüning 1987. Boden 1988 behandelt diese Formalismen besonders hinsichtlich ihres Stellenwertes innerhalb der Psychologie, Camurri 1990 ihre Anwendung in bezug auf Musik.)


Erste Seite (3) Vorherige Seite (106)Nächste Seite (108) Letzte Seite (381)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 107 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II