- 104 -Enders, Bernd (Hrsg.): KlangArt-Kongreß 1993: Neue Musiktechnologie II 
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Kognitionswissenschaft mit den von ihr entwickelten Methoden überwunden werden. Die Beziehung von Logik und Wissensrepräsentation, wie sie in der klassischen KI in Erscheinung tritt, wird ausführlicher von Osnicki-Klewe, Luck und Nebel (1993) dargelegt.

Ob und inwieweit die Modellbildungen und Konzepte der KI mehr als nur Metaphern für z. B. Gedächtnisstrukturen (vgl. Rumelhart / Norman 1988; für den Musikbereich West, Howell / Cross 1991) sind, kann jedoch nur in Verbindung mit experimentalpsychologischer Forschung geklärt werden. Sicherlich sind die derzeitigen Konzepte der klassischen KI zu einfach und nicht ausreichend, um kognitive Prozesse vollständig adäquat abzubilden. Allerdings wurde durch die Entwicklung dieser Formalismen wesentlich klarer, wo die Probleme der Erklärung kognitiver Prozesse liegen. Die Verbindung von Musikforschung und der von der KI beeinflußten Computersimulation ist durch die strukturelle Musikologie gegeben, in der die konzeptionelle Analyse des untersuchten Musikbereichs ausgehend von musikalischen Intuitionen erfolgt, denen gleichzeitig psychologische Relevanz zugesprochen wird, und deren Resultate theoretische Konzepte oder Beobachtungskonzepte bilden, so daß Computersimulationen in Verbindung mit experimenteller Forschung durchgeführt werden können.

Inwieweit bestehende musiktheoretische Konzeptionen zu korrigieren wären, muß sich im Laufe der Forschung zeigen. Musiktheoretische Forschung innerhalb der Kognitiven Musikwissenschaft wird also auch zur Verifikation bzw. Falsifikation bisheriger traditioneller musiktheoretischer Konzeptionen führen. Auch wenn die wissenschaftliche musiktheoretische Forschung innerhalb der Musikwissenschaft keinen allzu großen Stellenwert in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte, so hat es dennoch, so z. B. besonders in den Vereinigten Staaten und vereinzelt auch in Europa, Bemühungen gegeben, Musiktheorie wissenschaftlichen Ansprüchen genügend zu etablieren.

Gerade in den letzten dreißig Jahren gab es Versuche, wissenschaftlich musiktheoretische Forschung zu betreiben. Da diese Untersuchungen selbst in der traditionellen Musikforschung bisher zum größten Teil unbekannt blieben bzw. ignoriert wurden, folgt im nächsten Abschnitt ein kurzer Überblick über die verschiedenen relevanten neueren musiktheoretischen Ansätze.



3. Zur Lage und Entwicklung der Musiktheorie


Die musiktheoretische Forschung geriet in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Mißkredit und wurde fast nur noch als Handwerkslehre zu pädagogischen Zwecken genutzt (vgl. Dahlhaus 1971; Rohwer 1967): So wollte beispielsweise der Musikwissenschaftler und Psychologe Albert Wellek die Musiktheorie als musikwissenschaftlichen Forschungszweig durch Musikpsychologie und Musikästhetik ersetzt wissen


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