sein. Sucht man die Antwort nach dem Komponisten, so kann
sie nur lauten: einen Komponisten sucht man vergebens – er ist aufgelöst im
Netzwerk.
Eine Verantwortlichkeit für die Metamorphose vom Werkstück zu einem Fließwerk lässt sich aber vielleicht doch festmachen, wenn der Blick vom ‚global-player‘ abgewendet wird weiterschweift zu dem, was zum neuen Verbundsystem noch gehört. Das Netz mit den geleisteten Verknüpfungen bestimmt darüber, ob etwas Gestalt gewinnt oder eben nicht. Sie – die Verknüpfungen – bilden den Kontext, aus dem heraus Computer-Speicherungen im Netzwerk ihren spezifischen Sinn erhalten. Schon hier wird deutlich, dass das Netzwerk keine schlichte Speichermaschine ist, in die etwas abgelegt und bei Bedarf aktualisiert wird, sondern sie verarbeitet das in sie Überführte auf eigenwillige, kreative Weise. Dieses virtuelle Netz mit seinen Knotenpunkten verfährt – vergleichbar mit dem menschlichen Gedächtnis – selektiv und qualifiziert damit Speicherungen. Mit anderen Worten: Nicht das Datenpaket ist die musikalische Information, sondern die jeweils gültige Verknüpfungsstruktur bildet das informative Moment. Das Netzwerk ist so Medium der Veränderung und befördert gleichsam damit das Vergessen, denn Werke der Vergangenheit, überführt in das Netz, werden im Zuge neuer Verknüpfungen, denen sie zugeführt werden, dekontextualisiert und durch das Herauslösen aus ihren alten Wirkkontexten enthistorisiert wie entwertet, um neubewertet zu werden. So bleibt Kultur lebendig und hält Abstand vom Museumsgut. Die Netzstruktur bezeugt den Gedanken der Verknüpfung, sodass die gespeicherten Datenfragmente nicht erinnerungswürdigen Elementen vergleichbar sind, die weniger kongruent auf Gewesenes verweisen, sondern assoziativ zu wirken verstehen. Wo sich Verknüpfungsstrukturen ausbilden und sich stabilisieren, stellen sie das Gerüst im Sinne eines assoziativen Netzes für Wertfortschreibungen dar und bieten so die Erinnerungsfunktionen, die sich als anschlussfähig erwiesen haben. Bestimmte dauerhafte Bahnungen mögen sich so herauskristallisieren. Die vollzogenen Verknüpfungen entscheiden, was wie erinnert wird und was wie für zukünftige Vorstellungen einer Erinnerungsarbeit zur Verfügung gestellt wird. Was sich so im Netzwerk entwirft, ist – im Sinne Halbwachs – eine soziale „Denkströmung“, da das Milieu, in dem das Denken sich vollzieht, eine gemeinschaftliche Denkvorstellung entwirft und auf Zeit erhält.32
Alles, was in das Netzwerk eingebunden wird, kann sich seiner vordefinierten Eigenschaften nicht mehr sicher sein. Alles Erinnern ist an den aktualen Bedingungen – und an den aktualen Bedürfnissen orientiert –, sodass das Erinnerte im Lichte des verfließenden gegenwärtigen Geschehens beleuchtet wird und nur darin erscheinenswert scheint und eben nicht im Kontext der Überlieferung. Was im Werk |