- 66 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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Deutung aus einer bestimmten geschichtlichen Situation heraus.“28
28
Ebd., S. 65
Ein Spiel mit der Differenz nimmt seinen Zeit beanspruchenden Lauf, bei dem der abwesenden Bedeutung Präsenz verliehen werden soll und doch nur deren Absenz durch Nichteinlösung und eine Differenz bestätigt wird. Und das meint: Einen autoritativen, mit sich selbst identischen Urtext gibt es nicht und gab es auch nie, sondern es gibt seit jeher nur Text im Gewebe von Differenzen. Der musikalischen Darstellung des abstrakten Notats schwingt somit die Vorstellung des Interpreten mit, der in der Präsentation die Bedeutung verschiebt. Eine jede Interpretation setzt – produziert – eine neue Differenz. „Der interpretatorische Pluralismus, dem der heutige Musikfreund, besonders im riesigen Angebot der Medien, begegnet, zwingt ihn zu der Einsicht, daß jeder Text unendlich verschieden lesbar ist.“29
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Ebd., S. 68
Die Rückbesinnung auf das Notat, auf das, was geschrieben steht, ist so ein Vorgriff auf eine Welt unverwirklichter Bedeutungsfülle signalisierender Möglichkeiten, die zu aktualisieren sind. Da der Text unaufhörlich wächst und Bedeutung im Zeitgeistspiel der Differenz sich unaufhörlich verschiebt, kommt Zender zu dem Schluß: „wir suchen Komplexität und Mehrdimensionalität.“30
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Ebd., S. 70

Gedächtnisspuren im Medium des Vergessens

Die neue Medienordnung lässt im Zuge der Beschleunigung von unterscheidungsleitenden Operationen und dem Demokratisierungsprozess von Zugriffsoptionen ein Bewusstsein für die Kontingenz von Werten entwickeln und trägt den Gedanken der Mehrdimensionalität selbstbewusst in sich.

Mehrdimensionale Momentformen entwerfen sich im Netzwerk der losen Kopplungen und sind Ergebnis von aus allen Richtungen kommenden und weisenden, mannigfaltigen Verknüpfungen, die auf Zeit bestehen. Konkretisieren wir das noch einmal am Beispiel von resrocket.com und mit einem Zitat aus der Zeitschrift Keys, in der es heißt: „Plötzlich erscheint wie von Geisterhand ein erstklassiger Gitarrenpart als Audiodatei in ihrem VST, gestiftet von einem freundlichen Australier, der Ihren Song aufgerufen hat und von Ihrer Grundidee inspiriert wurde. Dann meldet sich im Chat-Fenster ein Musiker aus Timbuktu und sagt, dass er einen Drum-Loop habe, der prima zur Bridge passen könnte – zack, eine Minute später erscheint das Sample in ihrem Arrangement. Davon sind Sie so begeistert, dass Ihnen eine 1a-Hook-line einfällt, die Sie auch gleich hochladen. Ihre beiden Mitmusiker sind außer sich vor Begeisterung, wie Sie dem Chat-Fenster entnehmen – die Internet-Jam-Session ist im vollen Gange.“31

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Keys 03/99, S. 142
Bei aller überschäumenden Begeisterung stellt sich die Frage, wer hat die Musik eigentlich komponiert, denn der Spaß hört bekanntlich dort auf, wo Tantiemen plötzlich fließen sollen und eine personale Adressierung notwendig wird? Dabei ergibt sich aber ein Problem, denn von einem Stück kann ja im Grunde nicht die Rede sein und selbst wenn individuelle Zufriedenheit sich einstellt und das Ergebnis für beendet erklärt wird, muss die Zufriedenheit an anderer Stelle ja nicht währen und kann für die anschließende Weiterarbeit gesorgt

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