ohne entsprechend
motiviert wahrnehmende Instanzen weder Musik grundsätzlich noch Werte wie Werke
existieren. Mit diesem Auflösungsprozess auf der einen und der Multiplizierung von
geschaffenen Wertewelten auf der anderen Seite ist eine autonom veranschlagte Musik
gleichgeschaltet mit anderen Musikvorstellungen, die allerorten Gestalt im Netz
annehmen. Sie kann sich nicht mehr auf eine Idealform zurückbeziehen, von
der sie ihren Wert erhält, sondern sie steht in unmittelbarer Konkurrenz zu
anderen Musikwerdungen und hat sich zu beweisen, ob sie noch als Träger
einer mitteilenswerten Information weiterhin ihre Geltung erhalten kann oder
eben nicht. So geht einher mit der Netzmusik die weitere Differenzierung von
Werten, und das heißt: Ereignisreiche Momentformen bieten eine Fülle von
unterschiedlichen neuen Werten. Die Musik erscheint dabei um so wertvoller, je größer
der Bedeutungsüberschuss, und um so ärmer, je absoluter und autonom sich etwas
darbietet. Das nur scheinbar gemeißelte Monument des Werkes vollzieht den
Wandel zur Momentform, das – im Sinne Stockhausens – nicht zur Entwicklung
neigt, sondern in einer zeitlosen Gegenwärtigkeit vielversprechend oszilliert.
Der lebendige, gehaltvolle Augenblick gerät mit der Verabschiedung an die
Ewigkeit im Ideal in den Blick. Eine verabsolutierte Wertvorstellung kann sich, wo
das eigene motivierte Spiel im Spiegel der anderen aufscheint und so bewusst
bleibt, in der Netzwerkkunst kaum einstellen. Und im Umkehrschluss zeigt
sich, dass der Glaube an einen fixen, unveränderlichen Wert Ergebnis einer
gebundenen Aufmerksamkeit war, die weitgehend ungestört eine einmal getroffene
Unterscheidungsleistung im weiteren Verlauf beständig ausdifferenzierte und
darin bestätigte, ohne Gewahr zu werden, dass es ein Jenseits der getroffenen
Unterscheidungsleistung gab. Was der Aufmerksamkeit so entgeht, ist somit für
nicht-existent befunden.
So suchen Netzwerktätige keinen gültigen Wert, keine Identität von Etwas, sondern im Grunde den Unterschied in allem sich Bietenden, wissend, dass es ihrer bezeichnenden Unterscheidungsleistung zu verdanken ist, dass Formgebungen zeitweise aufscheinen, bei denen der Erhalt der Form allein vom Anschluss abhängig ist, der in alle Richtungen gehen kann. Und dieser Anschluss wird aufgrund eben der Teilhabe anderer ‚global-players‘ – die auf ihre, kaum wirklich vorausschauende Weise anschließen werden – immer wieder neu und anders ausfallen. Folgende Denkvorstellung geht damit einher und schreibt sich ins Menschenbewusstsein ein: war es im Falle des Versuchs der Bedeutungsergründung – wie vormals gegeben – so, dass erklärende Instanzen stets von sich fortwiesen, indem sie Bedeutung objektiv festzumachen und zu manifestieren suchten, so ist im Falle der fragwürdigen Netzwerktätigen auf sich selbst verwiesen, indem sie – wissend um ihr Tätigsein – subjektiv zusammenfügen, konstruieren, miteinander Bedeutung neu aushandeln. Der Wert dieser Netzwerkkunst von ‚global-playern‘ ergibt sich ausschließlich aus dem Anschluss und ist radikal verzeitlicht, denn erst in dem Moment, wo anschließend eingegriffen ist, ist die Wertschöpfung vollzogen für das schon nicht mehr Gegenwärtige, das aber durch den Anschluss quasi im Rückgriff erst nobilitiert wurde. Wo etwas identifiziert ist, ist es einer temporalisierten Identifikationsleistung geschuldet. Derrida spricht in diesem Zusammenhang von einer verschobenen Aktualität, die nicht nur im Netz gegeben ist, sondern generell in der im Signifikantenspiel bedeuteten Welt waltet. Nur tritt sie im Zuge schneller Wandlungsprozesse im Netz erstmals deutlich zutage. Eine jede sinnvolle Deutung impliziert die Altera- |