- 20 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (19)Nächste Seite (21) Letzte Seite (507)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

man zurück auf die menschliche Gesellschaft, die in unserer Zeit zu ihrer sozialen Intelligenz auch die vernetzte technische Intelligenz auf eine neue qualitative Ebene zu heben sich anschickt.

(Bereits in der Frühzeit des Menschen gab es vernetzte Intelligenz zum Beispiel in der Ausbreitung von Werkzeugtechniken entlang von Handelswegen; die Geschwindigkeit dieser Informationsvermittlung bewegte sich allerdings im Tempo des Lauftrotts einzelner Individuen. Von daher sind die langen Zeitmaßstäbe verständlich, die die vorgeschichtliche Entwicklung menschlicher Fertigkeiten im Vergleich zum heutigen Entwicklungstempo brauchte.)

In der Evolutionsforschung gehen die Vertreter der sogenannten Gruppenselektionstheorie davon aus, daß die Formen sozialer Interaktion, auf physiologischen Prozessen beruhend, „. . .  uns menschliche Individuen zu Mikroprozessoren innerhalb der faszinierendsten Form von Parallelcomputern werden ließen, die je auf diesem Planeten gebaut worden sind.“13

13
Bloom 1999, S. 24.
Gegenüber dieser Art von Global Brain sind die technologischen Brains der Neuen Medien nur relativ langsame Hilfsnetze, die nur einen Teilbereich der Kommunikation abdecken können. Gleichwohl kann sich dies ja noch ändern – was die Frage aufwirft, in welchem, dann noch weniger menschlich verkraftbarem Tempo die (technologische) Entwicklung sich in einer Zukunft vollziehen wird, in der die Kommunikation und der Informationsaustausch sich in punkto Geschwindigkeit und Menge nochmals weiter potenziert haben werden. Aber wenden wir uns wieder dem Thema zu, das sicherlich für die hier Anwesenden im Vordergrund steht, Musik als Global Music, was immer auch das sein mag.

Diskutiert man mit einem indischen oder tibetischen Musiker über Global Music, so würde er wahrscheinlich sich darüber amüsieren, wie wir Westler dies als etwas Neues aufgeregt betrachten. Für ihn – sofern er in der buddhistischen Kultur aufgewachsen ist – ist vom Ursprünglichsten her die ganze Welt Klang bzw. dieser ist identisch mit dem Tanz der Informationen, aus denen die Weltillusion besteht, und von Global Music als einer Errungenschaft unserer Zeit zu sprechen ist für ihn ein Symptom einer sehr reduzierten Weltauffassung.

Merkwürdig ist das Phänomen, daß in vermutlich allen menschlichen Kulturen – außer der buddhistischen – die Musik bzw. die jeweilig dieser entsprechenden Rituale als etwas überliefert wird, was den Menschen von Göttern, Geistern oder mythologischen Figuren geschenkt wurde; ähnliches wird von der Sprache nicht in gleicher Weise erzählt wird, im Gegenteil finden sich in vielen Kulturen Erzählungen vergleichbar unserem babylonischen Mythos, wonach die Sprache eher zur Entfremdung zwischen den Menschen führt – Sprache kann lügen und mißverständlich sein, vorsprachliche bzw. nichtsprachliche Kommunikation kaum.

Musik ist keine Sprache, sondern eine außersprachliche Form der Gestaltung von den Dingen, Zusammenhängen und Lebensgefühlen, die außerhalb der Darstellungsmöglichkeit von Sprache liegen. In diesem Sinne kann man vielleicht mit gewisser Berechtigung von Global Music sprechen.

Der folgende Versuch einer Definition von Musik bzw. Musikwissenschaft stammt aus der Feder des Musikethnologen Wilhelm Heinitz14

14
Zitiert bei Jaap: Kunst 1955, Ethno-Musicology. A Study of its Nature . . .  etc. Nijhoff Verlag, The Hague.
: „. . .  In Wirklichkeit kann es eine grundlegende Musikwissenschaft nur geben, wenn man die musikali-

Erste Seite (1) Vorherige Seite (19)Nächste Seite (21) Letzte Seite (507)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 20 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music