- 19 -Enders, Bernd / Stange-Elbe, Joachim (Hrsg.): Global Village - Global Brain - Global Music 
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Minsky, Peter Russel9
9
Vgl. die Aufzählung bei Bloom 1999, Global Brain, S. 8ff.
, Joël de Rosnay oder Hans Moravec10
10
Moravec, Hans 1988: Mind Children. The Future of Robot and Human Intelligence. Harvard Univ. Press, Cambridge/London.
darüber, wie die weltweit vernetzten elektronischen Schaltkreise mit Maschinenintelligenz irgendwann so etwas wie eine globale Intelligenz, ein Global Brain also hervorbringen würden – spätestens dann, wenn die derzeitigen Probleme, neuronale Netzwerke in größerem und mehrdimensionalem Maßstab zu programmieren, gelöst sind. Dabei spielt zwar auch die Überlegung, daß es zunächst und primär Menschen sind, die ihre Gedanken über ein weltweites Netz austauschen, eine Rolle; da diese Art von Gedankenaustausch aber über das Medium der Sprache und entweder des Sprechens und/oder des Schreibens erfolgt, ist es viel zu langsam, um auch nur größenordnungsmäßig in den Bereich der Geschwindigkeiten zu gelangen, mit denen neuronale Prozesse im menschlichen Gehirn ablaufen, ganz zu schweigen natürlich von den Geschwindigkeiten elektronischer Schaltkreise.

Eine Reihe von Wissenschaftlern hat in den letzten Jahren die These vom Global Brain in ganz anderen Zusammenhängen untersucht. Bekannt ist natürlich die Gaia-Hypothese von Lovelock und Margulis, nach der der gesamte Planet als ein lebendiges sich selbst regulierendes System aufgefaßt wird, wobei die menschliche Spezies und Intelligenz nur ein Baustein des globalen Gaia-Gehirns darstellt. Von einer ganz anderen Warte aus hat Pierre Teilhard de Chardin die globale menschliche Besiedelung als Entstehung einer „Noosphäre“, einer Sphäre des Bewußtseins und Verstandes, als Ergänzung zur Biosphäre und Psychosphäre aufgefaßt.

Eine weit interessanteres und auch im wissenschaftlichen Sinne bewieseneres Phänomen ist die Entdeckung, daß Bakterien schon eine Milliarde Jahre vor der Entwicklung der Säugetiere so etwas wie ein globales Netz repräsentierten und eine Art von adaptiver Super-Intelligenz entwickelt haben. Sie tun dies offenbar, indem sie in der Lage sind, ihr eigenes Genom erstens ständig selbst zu programmieren11

11
Vgl. Bloom 1999.
, und zweitens indem sie ständig mit anderen Bakterien (und Wirtszellen anderer Lebewesen) Genmaterial austauschen12
12
Vgl. Capra 1996, S. 272.
und dadurch fähig sind, in sehr kurzen Zeiten auf Veränderungen ihrer Umwelt zu reagieren – wir bekommen dies in Form der Bakterienresistenz gegen Medikamente sehr direkt zu spüren. Da solche Austauschaktionen und Neuprogrammierungen parallel in Milliarden von Bakterienpaaren ablaufen, kann man diesen globalen Computer als massiv parallelverarbeitend bezeichnen. Die theoretischen Rechnerkapazitäten, die sich durch die Verwendung von DNS bzw. Aminosäuren als parallelen Schaltgliedern ergeben, sind in der Tat überwältigend und sind seit einiger Zeit auch Gegenstand von Forschungsprojekten zur Entwicklung neuer Computerarchitekturen.

Natürlich repräsentiert dieser bakterielle Supercomputer nicht die Art von Intelligenz, die wir im allgemeinen Sprachgebrauch intendieren, wohl aber die Kriterien, die z. B. von Bateson oder von der Santiago-Theorie für das Vorhandensein kybernetischer Prozesse im Sinne der Überlebensfähigkeit eines Organismus bzw. von Erweiterung des Lebensraumes und damit von Evolution aufgestellt wurden.

Interessant ist der bakterielle Supercomputer aber vor allem durch die Tatsache, daß es sich dabei um eine vernetzte und soziale Intelligenz handelt, und hier kommt


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