wurde der
Klangunterschied negativ bewertet: „[. . . ] der digital verarbeitete bzw. auf der
CD gespeicherte Ton klinge unnatürlich, steril, scharf und leblos wie aus einer
Tiefkühltruhe“
27
- Attila Czampai, Musikalische Begegnung der dritten Art: Technische, ästhetische und
ökonomische Aspekte des „compact disc digital audio system“, in: Hans-Klaus Jungheinrich
(Hg.), Ästhetik der Compact Disc, Kassel u. a. 1985, S. 86.
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Über die Ursachen für den veränderten Klangeindruck indes bestand zunächst keine
Einigkeit. Zum Teil wurden sie in der Unzulänglichkeit der neuen Technik gesehen,
zum Teil – was im Nachhinein zutreffender erscheint – in nicht angepasster
Mikrofonaufstellung.
Jedenfalls führt die Digitaltechnik zu Veränderungen in der Aufnahmepraxis. Vor
allem zwei Aspekte werden diskutiert: der Abstand der Mikrofone zu den Schallquellen
und der Umgang mit Stützmikrofonen. Weil Digitalaufnahmen präsenter wirken, stellt
man die Mikrofone in größerer Entfernung der Schallquellen auf: So versucht man
durch einen größeren Anteil an Diffusschall die verlorene Klangverschmelzung
zurückzugewinnen. Der Einsatz von Stützmikrofonen wird problematisiert, da in ihnen
die Gefahr einer Beeinträchtigung der Räumlichkeit gesehen wird. Verfahren zum
räumlichkeitsschonenden Einsatz von Stützmikrofonen werden entwickelt und die
Hauptmikrofone erhalten größeres Gewicht.
Beide beschriebenen Veränderungen in der Aufnahmepraxis weisen in dieselbe
Richtung: Sie sind getragen von dem Bemühen die akustischen Eigenschaften des
Aufnahmeraums und die Anordnung der Schallquellen im Raum akustisch abzubilden.
Das Kriterium der Natürlichkeit hat damit noch höhere Bedeutung gewonnen. Besonders
deutlich drückt dies 1983 Jecklin aus, wenn er fordert, man müsse „endlich zu
folgendem Grundsatz finden: Natürliche Musik muß auch ,natürlich‘ aufgenommen
werden!“28
- Jürg Jecklin, Compact disc digital audio – eine Herausforderung für den Tonmeister, in:
Hi-Fi-Stereophonie 1983, S. 266.
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Durch die Einführung der Digitaltechnik hat nicht nur die Orientierung am Konzerterlebnis,
sondern auch die akustische Ausrichtung an der realen Musiziersituation eine Stärkung
erfahren.
3.
Aus der vorangegangenen historischen Betrachtung lassen sich vier Thesen
ableiten:
- Technische Entwicklungen waren ebenso wie Erfahrungen aus der
gestalterischen Praxis Antrieb für die klangästhetische Reflexion der
Musikübertragung.
Dies ist im Zusammenhang mit den wichtigsten technischen Innovationen
zu beobachten: Der Übergang von der mechanischen zur elektrischen
Aufnahmetechnik löste etwa die Überlegung aus, wie Raumschall in die
Aufnahme einzubeziehen sei. Nach Einführung der Langspielplatte wurde
das bis dahin unangefochtene Ideal der Naturtreue als problematisch
empfunden und diskutiert; die Stereofonie stellte neue Möglichkeiten
der aufnahmetechnischen Gestaltung bereit und führte so zu Versuchen,
die Partitur mit elektroakustischen Mitteln zu interpretieren. Und die
Digitaltechnik als letzte größere