Sekundarschule für Mädchen.

Ausgerüstet mit einer Empfehlung von Dr.Hirzel, dem höchsten Schulaufsichtsbeamten, führte
mich mein Weg eines Montagmorgens um acht Uhr zur höheren Mädchenschule nahe dem
Großmünster. Das Herz eines englischen Lehrers würde angesichts der geräumigen und hohen
Räume in den meisten Schulen auf dem Kontinent vor Freude hüpfen. In der Schule, von der
ich spreche, werden alle Gesangstunden im gleichen Raum, dem Singsaal, gegeben; groß und
weiträumig, mit einer schön geschwungenen Holzdecke, in der Mitte ein Flügel, und
- davorgestellt -, auf drei Seiten Bänke (keine Tische) für 200 oder 300 Kinder.

Die erste Klasse, die hereinkam, bestand aus 30 dreizehn- bis fünfzehnjährigen Mädchen.
Nachdem sie ein zweistimmiges Solfeggio auf alphabetische Notennamen aus ihren Büchern
gesungen hatten, schrieb der Lehrer, Herr Attenhofer, eine einfache Melodie in e-moll an die
Tafel:-


Die Melodie wurde ganz gut abgesungen, das Klavier begleitete und half von Zeit zu Zeit nach.
Dieses wurde dann in Dur, darauf abwechselnd in Dur und Moll gesungen. Sodann wurde ein
zweistimmiges Lied versucht; zuerst sangen die Soprane ihre Stimme, dann die Altistinnen,
dann beide. Herr Attendorfer saß die ganze Zeit über am Flügel und begleitete unaufhörlich. Er
war von großer Erfindungskraft und seine hübschen Umspielungen stimmten die Ohren
zwischen den Versen ein. Dann standen die Mädchen einzeln auf und beantworteten Fragen zu
Noten, Pausen und Intervallen. Am Schluß der Stunde gaben alle 30 Mädchen ihrem Lehrer
die Hand und verließen den Raum. <40>

Es folgten ihnen 20 fünfzehn- bis siebzehnjährige Mädchen von der Höheren Töchterschule; sie
begannen mit langen Haltetönen auf "aa" mit Klavierbegleitung, halbtonweise aufsteigend. Dann
sangen sie die