Es folgte eine Skalen-Stimmübung, aufwärts und abwärts auf ah, in aufsteigenden Tonarten,
dann der gewöhnliche Akkord auf ah, -aufsteigende Tonarten. Die Stimmen waren voll und
rein. Die jüngere Hälfte der Jungen, die zur Linken des Lehrers saß, sang nun einstimmig ein
Lied auswendig. Die ältere Hälfte der Jungen, zur Rechten des Lehrers, schloß sich mit einem
zweistimmigen Lied an, aus Liederbüchern und begleitet. Die nächste Übung war in lang
ausgehaltenen Tönen auf ah, an- und abschwellend, mit wechselnden Akkorden auf dem
Klavier begleitet. Ein weiteres einstimmiges Lied von den Jüngeren und ein zweistimmiges Lied
der Älteren beschloß die Stunde. Offensichtlich lernte die jüngere Klassenhälfte andere Lieder
als die ältere. Die der Stimmbildung geschenkte Beachtung war erfreulich. <24>

Lehrer - Seminar.
Eine Geigenklasse.

Dieses schöne Gebäude am Grindelhof vereinigt unter einem Dach eine Jungenschule, die mit
Siebenjährigen beginnt, und eine Einrichtung für die Ausbildung und Praxis männlicher Lehrer,
die hier bis zum zwanzigsten Lebensjahr studieren. Es sind Tagesseminar und -schule, ohne
Wohnmöglichkeit. Der Direktor ist Dr.Ahlburg und der Musikprofessor, der mir viel
Aufmerksamkeit schenkte, ist Herr Wilhelm Koehler. Es sind 180 Seminaristen, die ihren
besonderen Lehrgang mit fünfzehn beginnen und ihn bis zum zwanzigsten Lebensjahr fortführen.
Auf meine Frage antwortete Herr Koehler, daß von den jetzigen Seminaristen vielleicht ein
Dutzend völlig unmusikalisch sei und keinen Geigenunterricht hätte. Das bringt uns zur Violine!
Da sie in deutschen Schulen umfassend als Führung und Hilfe für Singanfänger benutzt wird,
kommt sie notwendigerweise in den Seminarlehrplan. Herr Koehler teilt die Schüler in sechs
Violin - Klassen ein, deren jede eine Wochenstunde hat. Ich besuchte eine (von unten gezählt)
zweite Klasse. Die neunzehn Burschen hatten seit einem Jahr gelernt. Mit etwas Hilfe