Die älteren Schülerinnen sind aus drei Klassen zusammengefaßt, was eine Klassenstärke von
130 bis 150 ausmacht. Sie erhalten eine Wochenstunde. Wie Pädagogen erkennen werden, ist
diese Anordnung für eine wirkliche Arbeit schlecht, obwohl sie das Ensemble-Singen von
Liedern, Kantaten usw. effektiver machen mag. Der Lehrer aller höheren Klassen ist Herr
Winkler, der - obwohl dem normalen Lehrerkollegium zugehörig -, die meiste Zeit auf dieses
Fach verwendet und ein ausgezeichneter Pianist und Musiker ist. Ich kam mitten in eine seiner
Stunden hinein, die alle im Musikraum gegeben werden, - ein großer aber nicht sehr hoher
Raum, mit Podium und Flügel auf einer Seite. Bei meinem Eintritt fand ich in dem Raum 130
zwölf- bis achtzehnjährige Mädchen vor. Sie sangen Stimmübungen, - Skalen und Akkorde auf
la, alle aufwärts, gefolgt von kurzen Phrasen auf la, weich gesungen. Ein Choral mit seinen
ausgehaltenen Tönen war selbst eine Stimmübung bester Art. Der Ton war süß und nie
angestrengt. Zwei zweistimmige Lieder wurden gesungen, das Klavier wurde nicht benutzt,
später wurde ein dreistimmiger Chor auswendig gesungen; er war Teil einer Kantate, die beim
letzten Schulfest gesungen worden war.
Bei einem zweiten Besuch hörte ich eine Stunde, die ein (männlicher) Lehrer der Klasse VI a
mit 50 siebenjährigen Mädchen gab. Die Mädchen waren Anfängerinnen und es schien das Ziel
zu sein, einen reinen, weichen und runden Ton zu erhalten; hierin war der Lehrer gewiß
erfolgreich. Zunächst hörten die Mädchen d r m f s (in C) auf der Violine und sangen die
Phrase auf ah. Dann lernten sie, mit verstärktem Akzent auf jedem zweiten Ton, es zu
wiederholen. Dann sangen sie d m s nach der Vorgabe der Violine. Einzelne Mädchen standen
auf und sangen immer auf ah d m s m d. Dann sang die Klasse nach der Violine fünftönige
diatonische Phrasen auf ah, wie z.B. d r m f s. Dann kamen Fragen zur Stimmbildung. Die
nächste nachgesungene Phrase war d m s d' auf ah. Dann lernte die Klasse ein einfaches
Volkslied nach der Vorgabe der