jeden Akkordes sei. Die Klasse wendete sich nun Mendelssohns zweistimmigen Liedern zu
und sang das Gondellied im 9/8-Takt auf Text; weiche und reine Stimmgestaltung, das
Harmonium begleitete. Dieses war die letzte Klasse, die ich im Kolleg besuchte; ich möchte
dem Rektor, Monsieur Bertrand, meinen Dank für sein höfliches Entgegenkommen ausdrücken.

Sekundar- und Höhere Schule für junge Damen.

In dieser großen Schule am Quai de la Poste werden 700 Mädchen zwischen zwölf und
achtzehn Jahren in elf Klassen unterrichtet. Der vollständige Name ist 'Secondary and Superior
School for young ladies'. Jede Klasse hat eine Wochenstunde Musik. Alle Lektionen dauern
- wie in der Jungenschule - eine dreiviertel Stunde; danach werden die Fenster des
Klassenraumes weit geöffnet und die Schülerinnen gehen geordnet <134> auf den Spielplatz.
Fünf Minuten dienen dem Herausgehen und Hineinkommen, 10 Minuten dem Schöpfen frischer
Luft und dem Spiel. Das füllt dann eine Stunde aus. In dieser Schule wird Musik von Monsieur
Henri Kling unterrichtet, der, obwohl 1842 in Paris geboren, seit 1865 Einwohner von Genf ist.
Er ist erster Hornist in den klassischen Konzerten und hat in vielen Formen komponiert;
überdies ist er Autor einer "Horn-Schule", die bei Breitkopf & Härtel erschienen ist. Ich wurde
von M.Kling mit großer Freundlichkeit empfangen; er gab mir alle Informationen, die ich
benötigte. Es gibt in diesem Gebäude keine Klaviere. Die erste Stunde, an der ich teilnahm,
war um 9 Uhr in einer Klasse VI mit 12- bis 13jährigen. Fünfundzwanzig Mädchen waren
anwesend. Auf einer Tafel hinter dem Lehrerpult standen zwei Oktaven Viertelnoten auf dem
obersten System. Darunter war eine Anzahl von Phrasen in Chevé-Zahlen aufgemalt. M.Kling
ließ die Mädchen zuerst nach seinem Zeigestock Phrasen aus dem Liniensystem in C singen,
schrittweise und auf dem Tonika-Akkord. Dann wurde nach den Zahlen gesungen, immer noch
in C;