- 15 -Curwen, John Spencer: Schulmusik im Ausland 
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Kirchenmusik.

Herr Krause, dessen Höflichkeit ich schon vermerkt habe, ist Chormeister an der
St.Marienkirche in Berlin. Sonnabendnachmittags um 5 Uhr halten die 80 Jungen und 20
Männer, die seinen Chor bilden, ihre wöchentliche Probe ab. Alle erhalten eine Bezahlung, und
die Stimmen sind von ausgezeichneter Qualität. Herr Krause ist ein ergebener Bewunderer des
a capella-Stils. Als er in England war, kam er zu dem Schluß, daß die Deutschen mit ihren
unbegleiteten Motetten dem englischen 'anthem' mit seiner Orgelbegleitung meilenweit voraus
sind. Man muß bei diesen Dingen Zugeständnisse an Geschmack und Gewohnheit machen. Ich
hörte die Aufführung einer achtstimmigen Motette zum Reformationstag (einem der Festtage
der Lutherischen Kirche), von Herrn Krause selbst komponiert. Das war sehr gut. Er
behandelte die Jungen und Männer als getrennte Chöre, jeder vierstimmig, und aus <13> dem
Gegenüber der Chöre entsteht eine Vielfalt an Klangfarben; und wenn sich beide Chöre in
dichter Achtstimmigkeit vereinigen, ist das Ergebnis stark und beeindruckend. Deutsche
Motetten-Komponisten halten sich streng an den alten kontrapunktischen Stil. Mendelssohn
brach in "Richte mich, Gott" in eine moderne Harmonik aus; es scheint jedoch niemand den
Mut gehabt zu haben, seinem Beispiel zu folgen. Ich sah mir in den Musikalienhandlungen sehr
viele Motetten an, - nahezu alle waren kontrapunktisch. Das nächste Stück, das der Chor für
mich sang, war Mendelssohns "Richte mich, Gott". Der Vortrag, ein gutes Stück langsamer als
wir es gewohnt sind, war hervorragend; die Jungen brachten es glänzend heraus. Dieses
unbegleitete Singen hat zumindest einen Effekt, - es erzwingt die Aufmerksamkeit für die
finesse, sowohl der Intonation als auch der Vortragsweise. Bei einem orgelbegleiteten 'anthem'
in England geht viel durch, was in einer deutschen Motette bemerkt und korrigiert werden
würde. Die Konsonanten waren sehr klar und die Worte kamen genau und bestimmt heraus.
Danach wurden


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