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- 4 -  Theodor Fontane: Der Stechlin


,,Du sollst sehen, heute kommt Stechlin." Danach wandte sich die junge Komtesse wieder

Wrschowitz zu, der sich eben in das von Hubert Herkomer gemalte Bild der verstorbenen Gräfin vertieft zu haben

schien, und sagte, gegenseitig vorstellend: ,,Doktor Wrscho-witz, Rittmeister von Stechlin." Woldemar, seiner Instruktion eingedenk, verbeugte sich sehr artig, während Wrschowitz' ziemlich ablehnend, seinem Gesicht den stolzen Doppelausdruck von Künstler und Hussiten gab.

Der alte Graf hatte mittlerweile Platz genommen, entschuldigte sich, mit der unglücklichen Stellage beschwerlich fallen zu müssen, und bat die beiden Herren, sich neben ihm niederzulassen, während Armgard' dem Vater gegenüber, an der andern Schmalseite des Tisches saß. Der alte Graf nahm seine Tasse Tee' schob den Kognak' ,,des Tees beßren Teil", mit einem humoristischen Seufzer beiseit und sagte, während er sich links zu Wrschowitz wandte: ,,Wenn ich recht gehört habe  so ein bißchen von musikalischem Ohr ist mir geblieben , so war es Chopin, was Armgard zu Beginn der Stunde spielte..."

 Wrschowitz verneigte sich.

,,Chopin, für den ich eine Vorliebe habe, wie für alle Polen, vorausgesetzt, daß sie Musikanten oder Dichter oder auch Wissenschaftsmenschen sind. Als Politiker kann ich mich mit ihnen nicht befreunden. Aber vielleicht nur deshalb nicht,  weil ich Deutscher und sogar Preuße bin."

 "Sehr warr, sehr warr" sagte Wrschowitz' mehr gesinnungstüchtig als artig.

"Ich darf sagen, daß ich für polnische Musiker, von meinen frühesten Leutnantstagen an, eine schwärmerische Vorliebe gehabt habe. Da gab es unter anderm eine Polonäse von Oginski, die damals so regelmäßig und mit soviel Passion gespielt wurde wie später der ,Erlkönig' oder die ,Glocken von Speyer'. Es war auch die Zeit vom ,Alten Feldherrn' und von ,Denkst du daran, mein tapferer Lagienka'."

"Jawohl, Herr Graff, eine schlechte Zeit. Und warr mir immerdarr eine besondere Lust zu sehen, wie das Senrimentalle wieder fällt. Immer merr, immer merr. Ich hasse das Sentimentalle de tout mon cœur.


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