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Seite 12 - E.T.H. Hoffmann: Die Fermate


›Was um des Himmels willen‹, rufe ich – ›Ah Signor Maestro! – Signor Maestro‹, schreit er, ›retten Sie mich – schützen Sie mich vor dieser Wütenden – vor diesem Krokodil – diesem Tiger – dieser Hyäne – diesem Teufel von Mädchen. – Es ist wahr – es ist wahr – ich gab den Takt zu Anfossis Kanzonetta und schlug zu unrechter Zeit mitten in der Fermate nieder – ich schnitt ihr den Trillo ab – aber warum sah ich ihr in die Augen, der satanischen Göttin! – Hole der Teufel alle Fermaten – alle Fermaten!‹ – In ganz besonderer Bewegung trat ich mit dem Abbate rasch in die Weinlaube und erkannte auf den ersten Blick die Schwestern Lauretta und Teresina. Noch schrie und tobte Lauretta, noch sprach Teresina heftig in sie hinein – der Wirt, die nackten Arme übereinandergeschlagen, schaute lachend zu, während ein Mädchen den Tisch mit neuen Flaschen besetzte.

Sowie mich die Sängerinnen erblickten, stürzten sie über mich her: ›Ah Signor Teodoro!‹ und überhäuften mich mit Liebkosungen. Aller Streit war vergessen. ›Seht hier‹, sprach Lauretta zum Abbate, ›seht hier einen Compositore, graziös wie ein Italiener, stark wie ein Deutscher!‹ – Beide Schwestern, sich mit Heftigkeit ins Wort fallend, erzählten nun von den glücklichen Tagen unsers Beisammenseins, von meinen tiefen musikalischen Kenntnissen schon als Jüngling – von unsern Übungen – von der Vortrefflichkeit meiner Kompositionen – nie hätten sie etwas anderes singen mögen, als was ich gesetzt – Teresina verkündigte mir endlich, daß sie von einem Impresario zum nächsten Karneval als erste tragische Sängerin engagiert worden, sie wolle aber erklären, daß sie nur unter der Bedingung singen werde, wenn mir wenigstens die Komposition einer tragischen Oper übertragen würde. – Das Ernste, Tragische sei doch nun einmal mein Fach usw. –

Lauretta meinte dagegen, schade sei es, wenn ich nicht meinem Hange zum Zierlichen, Anmutigen, kurz, zur Opera buffa nachgeben wollte. Für diese sei sie als erste Sängerin engagiert, und daß niemand anders als ich die Oper, in der sie zu singen hätte, komponieren solle, verstehe sich von selbst. Du kannst denken, mit welchen besonderen Gefühlen ich zwischen beiden stand. Übrigens siehst du, daß die Gesellschaft, zu der ich trat, eben diejenige ist, welche Hummel malte, und zwar in dem Moment, als der Abbate eben im Begriff ist, in Laurettas Fermate hineinzuschlagen." "Aber dachten sie denn" , sprach Eduard, "gar nicht an dein Scheiden, an das gallbittre Billett?" "Auch nicht mit einem Worte" , erwiderte Theodor, " und ich ebensowenig, denn längst war aller Groll aus meiner Seele gewichen und mein Abenteuer mit den Schwestern mir spaßhaft geworden. Das einzige, was ich mir erlaubte, war, dem Abbate zu erzählen, wie vor mehreren Jahren mir auch in einer Anfossischen Arie ein ganz gleicher Unfall begegnet wie heute ihm. Ich drängte mein ganzes Beisammensein mit den Schwestern in die tragikomische Szene hinein und ließ, kräftige Seitenhiebe austeilend, die Schwestern das Übergewicht fühlen, das die an mancher Lebens- und Kunsterfahrung reichen Jahre mir über sie gegeben hatten.

›Und gut war es doch‹, schloß ich, ›daß ich hineinschlug in die Fermate, denn das Ding war angelegt auf ewige Zeiten, und ich glaube, ließ ich die Sängerin gewähren, so säß' ich noch am Flügel.‹ ›Doch! Signor‹, erwiderte der Abbate, ›welcher Maestro darf sich anmaßen, der Primadonna Gesetze zu geben, und dann war Ihr Vergehen viel größer als das meinige, im


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