20Ein seltenes Exemplar der 35-bändigen Erstausgabe befindet sich seit Neuestem in der Bibliothek des Instituts für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit der Universität Osnabrück. Der Anschaffungspreis für die Enzyklopädie betrug 58.000 Euro. Über dieses zentrale Werk der Aufklärung des 18. Jahrhunderts verfügen in Deutschland nur 15 weitere historische Bibliotheken. Vgl. dazu Neue Osnabrücker Zeitung vom 12. Juni 2004, S. 24. |
21Man hatte große Angst, dass eine solche Enzyklopädie die Autorität zerstören würde und stattdessen den Unglauben fördern würde. Dass nicht Gott, sondern der Mensch Ursprung des Wissens sei, musste so zwangsläufig den Papst auf den Plan rufen, wie auch König Ludwig XV. seine Autorität gefährdet sah. Der Musikwissenschaftler und Mathematiker Guerino Mazzola vergleicht die damalige Zensur mit der aktuellen Diskussion um Internetseiten, die Sex und Gewalt darstellen. Vgl. [Mazzola(2000), S. 40]. |
Aufbauend auf den bereits existierenden Messkatalogen kam es im 18. Jahrhundert auch zu den ersten großen bibliographischen Versuchen, alle bisher erschienenen Bücher zu erfassen und aufzulisten.22
22Vgl. z. B. Theophil Georgi: »Allgemeines europäisches Bücherlexikon«; Tl. 1–5; Suppl. 1–3; Leipzig 1742–58. Reprint 1966 oder Wilhelm Heinsius: »Allgemeines Bücher-Lexikon oder Vollständiges alphabetisches Verzeichnis aller von 1700–1892 erschienenen Bücher«; Bd. 1–19; Leipzig 1812–94. Reprint 1962 |
1756 schlossen sich zum ersten Mal 56 Verleger unter der Leitung von Phillip Erasmus Reich zur ersten deutschen Buchhandelsgesellschaft zusammen. Reich war zugleich Erfinder des Nettopreises und ging entschieden gegen den zur damaligen Zeit sehr verbreiteten Nachdruck vor. Gerade die Werke deutscher Klassiker, wie z. B. Goethe, Schiller, Wieland etc., wurden aufgrund ihrer Beliebtheit zuhauf unerlaubt nachgedruckt, wodurch Verlegern23
23Hier sind besonders G.J. Göschen (Leipzig), F.J. Cotta (Tübingen) und F.J. Unger (Leipzig) zu erwähnen. |
24Vgl. dazu die heutige Diskussion der Rechte im Internet, u. a. detaillierter in Abschnitt 15.7 dargestellt. |
Frankfurt und Leipzig konkurrierten von Anfang an um den Ruf der »Buchmessestadt«. Im 18. Jahrhundert setzte sich Leipzig gegenüber Frankfurt u. a. aufgrund der zentraleren Lage Leipzigs und der schärferen Zensur in Frankfurt durch. Die Buchmesse in Frankfurt musste endgültig 1764, als die letzten größeren bedeutenden Leipziger Firmen ihre Niederlassungen in Frankfurt schlossen, aufgegeben werden.
Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ist von einigen bedeutenden Erfindungen geprägt, die die Entwicklung des Buchdrucks in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht wesentlich beeinflusst haben. So hat z. B. der 1771 in Prag geborene Alois Senefelder 1798 die Lithographie25
25Senefelder selbst taufte seine Erfindung »Chemische Druckerey«, bekannt wurde sie aber unter
dem noch heute geläufigen Namen »Lithographie« (grch.: »lithos« = Stein; »graphein« = schreiben).
Bei der Lithographie handelt es sich um ein sogenanntes Flachdruckverfahren. Die Zeichnung, das
Notenbild oder die Schrift wird mit einer fetthaltigen Substanz auf einen vorher geschliffenen,
entfetteten und sehr feinkörnigen Kalkstein seitenverkehrt aufgetragen. Der große Vorteil
gegenüber dem Kupfer- oder Holzstich ist, dass kein Materialwiderstand überwunden
werden muss. Auf dem Stein kann – genau wie auf einem Blatt Papier – frei geschrieben,
gezeichnet oder gemalt werden. Nachdem das Bemalen oder Beschreiben des Steins fertig
ist, wird dieser angefeuchtet. Dabei nehmen nur die freien Flächen Wasser an, da die
mit fetthaltiger Substanz aufgetragenen Flächen Feuchtigkeit abstoßen. Anschließend
wird der befeuchtete Stein mit einer fetthaltigen Farbe eingewalzt und diese haftet nur
dort, wo gezeichnet wurde, da jetzt wiederum die befeuchteten Stellen kein Fett und
somit auch keine Farbe annehmen. Das erste veröffentlichte und mit dem Verfahren der
Lithographie gedruckte Werk Senefelders ist der Liedtext »Brand von Neuötting« im Jahr
1797.
Senefelder selbst schreibt über die Entdeckung seiner Erfindung: »Ich hatte eben eine Steinplatte sauber abgeschliffen, um sie nachher wieder mit Aetzgrund zu überziehen, und darauf meine Uebungen im Verkehrtschreiben fortzusetzen, als meine Mutter von mir einen Wäschzettel geschrieben haben wollte. Die Wäscherin wartete schon auf die Wäsche, es fand sich aber nicht gleich ein Stückchen Papier bey der Hand; […] so besann ich mich nicht lange und schrieb den Waschzettel einstweilen mit meiner vorräthigen aus Wachs, Seife und Kienruß bestehenden Steintinte auf die abgeschliffene Steinplatte hin, um ihn, wenn frisches Papier geholt seyn würde, wieder abzuschreiben. Als ich nachher diese Schrift vom Stein wieder abwischen wollte, kam mir auf einmal der Gedanke, was denn aus so einer mit dieser Wachstinte auf Stein geschriebenen Schrift werden würde, wenn ich die Platte mit Scheidewasser ätze, und ob sie sich nicht vielleicht nach Art der Buchdrucker-Lettern oder Holzschnitte einschwärzen und abdrucken ließe.« Vgl. [Senefelder(1818), S. 11–12]. |