- 91 -Wollermann, Tobias: Zur Musik in der "Drei Farben"-Trilogie von Krzysztof Kieslowski 
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In den zum Schluss etwas stärker veränderten f-moll-Teil (ab Takt 13) wurden noch drei zusätzliche Takte eingefügt (vgl. Abbildung 4.17) und die Melodieführung ist, basierend auf den gleichen Harmonien, hier leicht verändert.


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Abbildung 4.17: f-moll-Teil des leicht veränderten Themas A


Im Segment 61, in dem Karol seine eigene Beerdigung beobachtet, erklingen, von der Oboe gespielt, die Takte 13–24 (vgl. Abbildung 4.17). Die Melodie ist hier Ausdruck von Dominiques und Karols Gefühlen. Dominique, die Karol früher so erniedrigt und verletzt hat, bereut ihr damaliges Handeln und trauert nun um Karol. Dieser ist bei der Betrachtung dieser Szene ebenfalls gerührt, da Dominique anscheinend doch noch Gefühle für ihn hat. An dieser Stelle werden durch die Musik Emotionen der Protagonisten verstärkt und auf den Zuschauer übertragen.99

99 Vgl. (Schneider1997, S. 67)

An der letzten Stelle, an der diese veränderte Version erklingt, verbindet die Musik zwei Sequenzen miteinander. Sie beginnt in der Einstellung 481, nachdem Dominique verhört wurde und der Botschafter gekommen ist. Direkt vor dem Einsatz der Musik ist wieder das Taubengeflatter zu hören, daraufhin setzt die Klarinette mit den Takten 2–4 (ohne den Fermatenton; vgl. Abbildung 4.12) ein. Nun folgt eine dem Zuschauer bereits bekannte Szene: Zu den Takten 5–7 geht Dominique den Mittelgang der leeren Kirche entlang auf den hell-weiß strahlenden Ausgang zu. Als O-Ton sind Dominiques Schritte in der hallenden Kirche zu hören. In der folgenden Einstellung (483), in der Karol sich kämmt und nachdenklich durch die Zinken seines Kamms blickt, werden die Musik (Takt 8–15) und die Schritte, die zu dieser Einstellung als solche gar nicht mehr passen, eingesetzt, um Karol und seine Erinnerungen mit der vorherigen Einstellung zu verbinden.100

100 Ab Takt 13 (Karol nimmt an dieser Stelle den Kamm vor den Mund) übernimmt die Oboe die Melodie.
Ganz deutlich wird diese Verbindung in der folgenden Einstellung (484), die sozusagen eine Fortsetzung der Einstellung 482 ist. Dominique schreitet aus der Kirche, der Taubenschwarm fliegt weg, und Karol und Dominique küssen sich, bevor das Bild in eine weiße Blende übergeht. Hierzu erklingen die Takte 16–24 (Abbildung 4.17). Durch die Musik werden an dieser Stelle zwei Einstellungen miteinander verbunden, die der Zuschauer zuerst nur als Erinnerungen Dominiques auffasst. Durch die zwischen diese beiden Einstellungen geschnittene Einstellung von Karol, der sich bei seinem Bruder befindet, wird dieser unmittelbar mit der Erinnerung verbunden, so, als wenn sie in gewisser Weise auch seine ist. Durch die Musik, die die Einstellungen 481 bis 485 zusammenfasst, vor allem aber durch die deutlich zu hörenden Schritte Dominiques, wird diese Verbindung zusätzlich gestützt.

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