- 99 -Wolff, Harry: Musikmarkt und Medien unter dem Aspekt des technologischen Wandels  
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Schlußbetrachtung

Der technologische Wandel seit Anfang der achtziger Jahre hat die Art und Weise, wie Musikproduktionen realisiert werden, vor allem innerhalb der Pop- und Rockmusik erheblich verändert. Digitalisierung und Computerisierung sind die zentralen Säulen dieser Veränderung. Innovationen auf dem Gebiet der Klangerzeugung (digitale Synthesizer), der Klangbearbeitung (z. B. digitale Multieffektgeräte), der Klangspeicherung (Sequenzer, Sampler) und der Klangorganisation (MIDI), haben zu neuen Formen der Popmusik wie »Techno« oder »House« in hohem Maße beigetragen bzw. diese erst ermöglicht. Persönliches Spielvermögen, das Beherrschen eines Instrumentes, wird in Teilbereichen der Pop- und Rockmusik zu einem Großteil oder ganz durch die Fähigkeit des Programmierens und Bedienens von Musikcomputern ersetzt.

Der Musik-Programmierer tritt hier an die Stelle des Musikers, technisches Know-how an die Stelle instrumentalen Könnens. Die Computerisierung im Bereich der Musikproduktion zeitigt vielleicht im Ausmaß weniger dramatische, aber ähnliche Auswirkungen wie in anderen Arbeitsbereichen: ein Teil der hier vormals Tätigen wurde/wird durch die neue Technologie seiner Funktion enthoben. Diese Entwicklung beruht nicht zuletzt auf der Verwischung traditioneller Zuordnungen von Instrumentenkonstruktion, Klangfarbe und Spieltechnik: mit dem digitalen Sampler kann grundsätzlich jeder Klang, jedes Geräusch musikalisiert und über eine Tastatur abgerufen werden. Die digitalen Klangerzeuger (Sampler, digitale Synthesizer) stellen einen neuen Typus des Musikinstrumentes dar, der mit keinem früheren Typus vergleichbar ist, da sie ihre charakteristische Funktionsweise erst durch spezielle Schaltungen und musikalische Informationen gewinnen, mit denen die Arbeitsspeicher versorgt werden müssen, sowie durch musikspezifische Bedienungselemente, wie z. B. eine Tastatur.

Hinsichtlich der Aufführungspraxis läßt sich in Teilbereichen der Pop- und Rockmusik eine Tendenz zum Halbplayback erkennen. In der Praxis wird dies entweder durch den Einsatz von Sequenzern und Drumcomputern, die entsprechend programmiert sind oder aber durch ein vorproduziertes DAT-Band bewerkstelligt; diese Basis wird dann durch Sänger und Instrumentalisten ergänzt.

Die alltägliche Hörerfahrung vieler Musikkonsumenten dürfte sich schon jetzt durch den massiven Einsatz von computerunterstützter Technologie verändert haben, vielleicht in dem Sinne, daß künstliche Klänge als natürlich empfunden werden, natürliche Klänge aber als tendenziell fremd. Das maschinengenaue Timing und die übertriebene Betonung des Sounds könnten musikalische Inhalte auf Dauer ins Hintertreffen geraten lassen.

Der schnelle Aufstieg der Compact Disc zum wichtigsten Musikmedium bedeutete den Abstieg der analogen Langspielplatte, die zehn Jahre nach der Einführung des digitalen Konkurrenzmediums nahezu vom Tonträgermarkt verschwunden ist.


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