- 28 -Wolff, Harry: Musikmarkt und Medien unter dem Aspekt des technologischen Wandels  
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Die Schallplattenindustrie reagierte mit verschiedenen Maßnahmen auf die Krise, die unter dem Begriff »Gesundschrumpfung« zusammengefaßt werden können. An Neuproduktionen wurden höhere Anforderungen gestellt, als dies früher der Fall war. Jede einzelne Aufnahme sollte Umsatzerwartungen erfüllen, die als Minimum die Höhe der Herstellungskosten erreichen mußte. »Die Zeiten, in denen man etwas Ausgefallenes, Schwerverkäufliches – Neue Musik etwa – stillschweigend mitlaufen und von populären Titeln mitfinanzieren ließ, scheinen schon legendäre Vergangenheit« (Harden 1983, 45). Ähnliche Hinweise finden sich in der Schrift Die Schallplatte: Kulturträger und Wirtschaftsfaktor von Peter Zombik.

»Die negative Umsatzentwicklung hat den für Neuproduktionen verfügbaren finanziellen Spielraum eingeengt. Als Folge wurde die Neuerscheinungspolitik den sinkenden Absätzen angepaßt. Diese Einschränkungen dürften im wesentlichen wirtschaftlich risikoreiche Produktionen getroffen haben. Betroffen waren also vor allem Repertoirebereiche, die nur ein kleines (wenngleich häufig sehr interessiertes) Publikum haben, sowie Produktionen mit noch unbekannten Künstlern« (Zombik 1987, 442).

Zum Beispiel sank die Anzahl der Neuerscheinungen bei Langspielplatten von 5.201 im Jahr 1980 auf 2.639 im Jahr 1984 (vgl. ebd.).

Eine weitere Folge der Krise äußerte sich in massivem Personalabbau. In der Zeit von 1980 bis 1983 verloren rund 12 % der Beschäftigten in der Tonträgerindustrie ihren Arbeitsplatz. Die Ursachen der Rezession lassen sich Zombik zufolge im wesentlichen auf die weltweite Rezession und Arbeitslosigkeit, den wachsenden Erfolg neuer medialer Freizeitangebote (Homecomputer, Video) und das veränderte Konsumentenverhalten vor allem in Form privater Mitschnitte von Musik zurückführen.

Die Krise führte zudem zu einer Verkleinerung des Sortiments.

»Nur die Basis ist ein bißchen schmaler geworden: Ein Angebot von rund neuneinhalbtausend Klassik-LPs in den Jahren 1979 und 1980 schrumpft 1982 auf 8.300 Titel: Ein Rückgang um zehn bis 15 Prozent, der ziemlich gut die realen Verhältnisse spiegelt« (Harden 1983, 46).

Zu diesem Zeitpunkt einer eher ungünstigen Entwicklung trat die Compact Disc an, den Tonträgermarkt zu erobern. Die Gruppe der Optimisten sah in dieser neuen Technologie einen Hoffnungsträger im Kampf gegen andere neue Medien (wie Video oder Homecomputer), gegen das leidige private Mitschneiden urheberrechtlich geschützter Werke aufgrund der besseren Klangqualität der CD gegenüber der bespielbaren MC und allgemein gegen die negative Absatzentwicklung auf dem deutschen Tonträgermarkt. Skeptiker hielten den Zeitpunkt der Einführung unter der Rahmenbedingung von 2,5 Millionen Arbeitslosen und dem durch die Anschaffung von Videorekordern strapazierten Freizeitbudget privater Haushalte für unpassend. Sie sahen in der Compact Disc eine überflüssige Entwicklung, die das ›Geschäft‹ eher komplizieren als vereinfachen oder sich gar als Flop erweisen würde.

»Wilfried Jung, Europa-Direktor von EMI-Music, mit Sitz in Köln bei EMI Electrola, sieht die Chancen der CD skeptisch: ›Das ist so notwendig wie ein Kropf‹ meint er dazu. Vor allem sei EMI-Music nicht zur Veröffentlichung auf CD bereit, solange für diesen Tonträger Lizenzen an die Erfinder zu zahlen seien« (Der Musikmarkt 6/83, 5).


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