- 73 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (72)Nächste Seite (74) Letzte Seite (247)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Leider wird die Behauptung, dieses seien Gesetzte oder Prinzipien der Wahrnehmung, nicht näher belegt. Dabei ist gerade die Frage nach Prinzipien der Beziehungen von Motiven zentral für eine solche Theorie der Melodik. Ein weiteres Problem ist, daß Narmour bei seiner Behandlung der Melodik die rhythmische Komponente vernachlässigt. Die Beschreibung der Implikationen und Realisationen ist für Rhythmen nicht ausgeführt. Eine genauere Behandlung der Frage, wie sich rhythmische Hierarchien im Laufe des Hörens entwickeln, steht noch aus.

4.4.3.  Lerdahls und Jackendoffs Generative Theory of Tonal Music

Der einflußreichste Ansatz der Verbindung von Musiktheorie und kognitiver Modellbildung ist die Generative Theory of Tonal Music (GTTM) von Fred Lerdahl und Ray Jackendoff.53

Die GTTM verbindet generative Grammatiken mit Schenkerscher Analyse und beschreibt mehrere Arten von Einteilungen und Reduktionen, die auf der Basis eines Notentextes bestimmt werden. Für die verschiedenen Strukturen werden zwei Typen von Regeln angegeben, die Well Formedness Rules (WFR) und die Preference Rules (PR). Die WFR beschreiben die Minimalanforderungen an eine gültige Struktur. Eine Struktur, die die WFR nicht erfüllt, kommt also als Interpretation nicht in Frage. Da die WFR viele Möglichkeiten offenlassen, stellt sich die Frage, welche dieser Möglichkeiten musikalisch geeignet ist. Zur Beantwortung dieser Frage dienen die PR, die für verschiedene strukturellen Alternativen Präferenzen angeben.

Für rhythmische Untersuchungen werden voneinander unabhängig eine Metrical Structure und eine Grouping Structure definiert. Die Metrical Structure beschreibt metrische Gewichte von Schlägen, die als Punkte auf der Zeitachse gesehen werden. Jedem Punkt wird eine Gewichtung zugeordnet, die seine Ebene in der metrischen Hierarchie beschreibt. Es wurde bereits in Kapitel 3 angesprochen, daß es nicht sinnvoll ist, die Hierarchie der Periodizitäten beliebig auf größere Dauern hin fortzusetzen, da ein entsprechendes Korrelat im Höreindruck fehlt. In der GTTM sind aus diesem Grund oberhalb der Taktebene auch unregelmäßige Metren erlaubt.

Im Rahmen dieser Arbeit ist vor allem die Grouping Structure von Interesse. Sie beschreibt die Aufteilung der Noten in Gruppen, die ihrerseits wieder hierarchisch zu Gruppen zusammengefaßt werden können. Die grundlegenden Voraussetzungen einer Gruppierung geben die vier Grouping Well Formedness Rules (GWFR) an:

GWFR 1 Jede zusammenhängende Sequenz und nur zusammenhängende Sequenzen von Noten können eine Gruppe bilden.
  
GWFR 2 Ein Stück ist eine Gruppe.
  
GWFR 3 Eine Gruppe kann kleinere Gruppen enthalten.
  
GWFR 4 Wenn eine Gruppe G1 eine andere Gruppe G2 enthält, muß sie diese ganz enthalten.


Erste Seite (i) Vorherige Seite (72)Nächste Seite (74) Letzte Seite (247)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 73 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen