- 55 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (54)Nächste Seite (56) Letzte Seite (247)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

vorgeschlagen und von Windsor und Clarke empirisch ausgewertet und teilweise bestätigt.108 Auch die von Riemann angenommene Verlängerung der Noten auf metrischen Schwerpunkten konnte empirisch beobachtet werden,109

109 Riemann (1884, S. 30), Clarke (1985b).

allerdings ist der Einfluß der Phrasierung stärker ausgeprägt.

Penel und Drake haben gezeigt, daß es einen Einfluß der Segmentierung auf die Agogik sowohl auf der Motivebene als auch auf der Phrasenebene gibt.110

Die Beschleunigung und Verlangsamung des Tempos im Verlauf einer musikalischen Einheit wirkt auf beiden Ebenen, und die Effekte überlagern sich. Die Erkennung von Phrasierung durch Hörer anhand von Dynamik und Agogik haben Clarke und Windsor untersucht.111 Sie konnten zeigen, daß in unterschiedlichen Zusammenhängen Dynamik oder Timing jeweils einen größeren Einfluß auf die Strukturerkennung haben und ggf. auch die Erkennung durch widersprüchliche Hinweise erschweren können. Sie verglichen für von Pianisten gespielte und für von Todds Algorithmus berechnete Interpretationen die ästhetische Beurteilung und Erkennung der intendierten Struktur durch Hörer.112 Dabei hat sich gezeigt, daß Todds Algorithmus bestimmte Phrasierungen nicht so darstellt, daß Hörer sie erkennen. Insbesondere der Einsatz von Dynamik wird von Pianisten dazu benutzt, auftaktige Phrasierungen darzustellen, bei denen der Algorithmus nicht zu einer Erkennung der Phrasierung durch den Hörer führte.

Repp hat darauf hingewiesen, daß Hörer Abweichungen von der metrischen Sequenz sogar erwarten. Dazu untersuchte er die Fähigkeit, Abweichungen von der metrischen Sequenz zu erkennen. Die Frage, ob Musiker spielen, was Hörer erwarten, oder ob die Hörer erwarten, was Musiker normalerweise spielen, kann zwar nicht endgültig geklärt werden, die Ergebnisse von Repp deuten allerdings darauf hin, daß die hier zugrundeliegenden Prozesse elementarer Natur sind (bottom-up) und sich auf alle Hörer unabhängig von ihrer musikalischen Erfahrung beziehen.113

Dafür sprich insbesondere, daß diese Erwartung nur durch das tatsächliche Hören von Musik, nicht aber durch die Vorstellung von Musik ausgelöst werden kann.114

Man kann bei der Erkennung musikalischer Strukturen anhand einer Interpretation offenbar die Einflüsse der zeitlichen von denen der tonalen Struktur trennen; sie zeigen in der Untersuchung von Palmer und Krumhansl keine nennenswerte Interaktion.115

Auf der Ebene kleiner Timing-Veränderungen lassen sich allerdings Interaktionen zwischen Intensität und Timing einerseits sowie zwischen Intensität und Tonhöhe andererseits feststellen.116 Auch die Satzstruktur von Musik spiegelt sich in der agogischen Ausführung wider. Palmer untersuchte Interpretationen von Klaviermusik und stellte fest, daß die Hervorhebung der Melodie neben der Lautstärke auch durch eine kleine, aber signifikante zeitliche Vorverlagerung der

Erste Seite (i) Vorherige Seite (54)Nächste Seite (56) Letzte Seite (247)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 55 -Weyde, Tillman: Lern- und wissensbasierte Analyse von Rhythmen