verhält sich Roberts’ Modell bezüglich einiger Parameter so wie
menschliche Hörer, insbesondere bezüglich der zeitlichen Nähe und bevorzugter
Gruppen-Dauern.
Die Segmentierung und Klassifikation erfolgen dynamisch während der Präsentation
der Eingabe. Dabei werden erlernte Patterns nicht durch neue verdrängt; Stabilität und
Plastizität des Systems behindern einander nicht. Das Lernen erfolgt unüberwacht. Dies
entspricht dem Lernen durch den Menschen insofern, als für das Lernen von Mustern aus
Melodien häufig keine Beurteilungen verfügbar sind, sondern das Gelernte kann nur
anhand weiterer Sequenzen bestätigt oder verworfen werden. Kinder lernen z.B.
Lieder nicht durch Analyse ihrer Struktur, sondern durch Hören, Nach- und
Mitsingen.
Die Möglichkeit überwachten Lernens wäre allerdings sowohl für praktische
Anwendungen als auch für experimentelle Untersuchungen sinnvoll. Roberts beschreibt
in seiner Arbeit die Modellbildung und die Anpassung des Systems an das gewünschte
Verhalten. Dabei werden Netzstruktur, Verarbeitung und Lernen zum Teil umfangreich
verändert. Die Frage, welche Modifikationen und Parametereinstellungen für die Analyse
von Rhythmen sinnvoll und geeignet sind, ist zwar interessant, für die Erweiterung und
Anpassung an eine Anwendungsumgebung ist dieses Verfahren aber noch nicht gut
geeignet. Jede Erweiterung, beispielsweise um weitere Parameter der Noten wie Dauer
oder Lautstärke, macht neue Anpassungen nötig, und ein automatisches Lernen dieser
Anpassungen ist nicht vorgesehen. Roberts’ Arbeit erforscht daher vor allem die
Leistungsfähigkeit der SONNET1-Architektur, ist aber weniger für die Anwendung
geeignet.
6.4.3. Paradigmatische Analyse
Ein Ansatz zur Automatisierung der paradigmatischen Analyse stammt von Anagnostopoulou und
Westermann.34
Sie behandeln den Aspekt der Klassifikation und setzen dabei eine Segmentierung
bereits voraus. Die Klassifikation erfolgt durch einen Clustering der Segmente,
wofür der Growing Neural Gas Algorithmus verwendet wird. Das Ziel ist es,
dem Musiker bzw. Musikwissenschaftler Unterstützung bei der Analyse
zu geben, um Inkonsistenzen zu vermeiden. Ähnliche Verfahren benutzt auch
Hörnel
35 ,
der verschiedene Algorithmen verwendet, um Motive zu klassifizieren. Der
Ward-Algorithmus wurde bereits von Steinbeck zur Klassifikation von Melodien
benutzt.
36
Das von Anagnostopoulou und Westermann beschriebene Verfahren sieht vor,
daß ein Experte die Analyse vornimmt, dann das Ergebnis beurteilt und bei
Fehlklassifikationen ein weiteres Merkmal hinzufügt, das eine Unterscheidung
fälschlich zusammengefaßter Motive ermöglicht. Da sowohl die Segmentierung
vorgegeben werden muß, als auch die Ergebnisse ständig von einem Experten
kontrolliert werden müssen, ist dieses Verfahren für Anwendungsprogramme
nicht geeignet. Der Ansatz ist aber interessant, da das Wiedererkennen von
Motiven ein entscheidender Faktor der Strukturierung ist, der Berücksichtigung
verdient.