1. Einleitung
Wie können rhythmische Muster und Strukturen in einem Computerprogramm erkannt
und analysiert werden? Diese Fragestellung entstand aus dem Wunsch, in interaktiven
Computerprogrammen eine flexible, musikalisch adäquate und detaillierte Reaktion auf
das rhythmische Spiel eines Benutzers zu erzeugen. Insbesondere ergab sich der
praktische Anstoß aus der Entwicklung der Lernsoftware Computerkolleg Musik -
Gehörbildung1
.
Die Fähigkeit, Rhythmen zu gliedern, sie auch in veränderter Form wiederzuerkennen
und sie zu vergleichen, ist essentiell für Musiker, Musiklehrer und Musikwissenschaftler.
Auf den rhythmischen Strukturen beruhen auch die motivische Gliederung und der
formale Aufbaus eines Musikstücks. Diese Strukturen sind grundlegend für musikalisches
Verständnis und Kommunikation bei jedem Hören und Spielen von Musik,
insbesondere beim gemeinsamen Musizieren, z.B. in der Kammermusik oder in der
Improvisation eines Jazz-Ensembles, aber auch im Musikunterricht und bei der
Musikanalyse. Ein Erkennen zeitlicher Muster leistet jeder Mensch beim Verstehen
gesprochener Sprache, wenn auch meistens unbewußt. Musiker können im allgemeinen
ihre rhythmischen Auffassungen und Vorstellungen differenzierter mitteilen
und umsetzen. Auch bei ihnen bleiben jedoch die Prozesse, auf denen diese
Fähigkeit beruht, in aller Regel unbewußt und werden selten hinterfragt. Bereits
bei der Modellierung einfach anmutender rhythmischer Phänomene mit dem
Computer tritt jedoch die Komplexität der zugrundeliegenden Funktionen zutage
und wirft Probleme auf, für die theoretische und praktische Lösungen bisher
fehlen.
1.1. Analyse von Rhythmen
Die Schwierigkeit, rhythmische Prozesse theoretisch zu erfassen, zeigt sich bereits darin,
daß es keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs Rhythmus gibt. Die Mehrzahl
der musiktheoretischen Ansätze zur Analyse von Rhythmen beschäftigt sich mit dem
musikalischen Metrum, dem Aspekt der Regelmäßigkeit. Für viele musikalische
Anwendungen ist der metrische Bezug jedoch nicht ausreichend. Für die Verarbeitung
einer Benutzereingabe, etwa den Vergleich mit einer Vorgabe, die strukturelle
Analyse oder das Finden ähnlicher Rhythmen in einer Datenbank, ist es nötig, die
musikalischen Sinneinheiten zu erkennen und zueinander in Beziehung zu setzen. Um
etwa die Beziehung zwischen einem Rhythmus und dessen komponierter oder
improvisierter Variation beschreiben zu können, muß man erkennen,