8.6. Trance: musikalische Charakteristika
Jede Art von Musik, die Menschen in andere Welten entrückt oder auf sie hypnotisierend
wirkt, kann als Trance-Musik bezeichnet werden. Aus dieser Einsicht heraus beschreibt
Thomas Koch, dass häufig »geniale Verbindungen« weniger Soundelemente, die mit ein paar
Effekten versehen und in ständiger Wiederholung gespielt werden, jene Komponenten
darstellen, die »die Zuhörenden durch ständige Wiederholung auf andere Levels zu heben
vermögen.«61
61 Koch, Thomas: Trance. In: Anz / Walder, a. a. O., S. 102.
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Außerdem seien einfache »Basisgerüste« mit einem klar definierten und wahrzunehmenden
Rhythmus ohne »unnötigen Kitsch« wichtig für ein trance-artiges Erlebnis. Nur wer
diese Zusammenhänge einmal erfahren habe, wisse, »dass Techno und House im
Gegensatz zu anderen Formen der aktuellen Dance-Musik zu den Ursprüngen der
Musik zurückkehren und in der Lage sind, das Bewußtsein in tieferen Bereichen
anzusprechen.«62
Die Benutzung des Wortes Trance für eine spezielle Musikrichtung fällt
vor allen Dingen Musikern und DJs schwer. Der Begriff wurde Anfang der
90er Jahre hauptsächlich von den Medien etabliert und erst dann, nach
Beschreibungen des musikalischen Korsetts trance-artiger Musik, von der Musikszene
angenommen.63
63 Siehe auch Kapitel 4.3: Techno ist Ekstase, Trance, Tanz.
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Am Anfang der Entwicklung dieser Ausprägung von Techno spielte der Rhythmus eine
wesentliche Rolle. Er verlor jedoch im Laufe der Zeit seine zentrale Bedeutung
und schwebende, flächige Klänge rückten in den Vordergrund. Dazu bezieht
Bertram Hinz in seiner Magisterarbeit wie folgt Stellung: »Zu Beginn der
Trance-Ära lag die Betonung auf den Rhythmusarrangements, die als Garant für
den angestrebten Zustand [der Trance] dienten. Im weiteren Verlauf gewannen
Synthesizerflächen und einfache Melodien zunehmend an Wichtigkeit und
drängten den Rhythmus zurück. Diese Eigenschaften gelten heute noch als
›Trance-typisch‹«.64
Damit trifft er den Kern der Trance-Entwicklung, die einerseits in der Abwendung von
den im Techno (bis hin zum Gabber) verwendeten härteren Sounds lag und andererseits
auf die eindeutigen, d.h. transparenten rhythmischen Strukturen von Techno
zurückgreift. Auch die Lautstärke spielt in der Darstellung dieser musikalischen
Ausprägung eine Rolle: Es ist anzunehmen, dass sie Tanzende derart umgeben soll,
damit sie sich in die Musik reinfallen lassen können. Olaf Finkbeiner, der Initiator des
Labels »Pod«, brachte Trance laut Koch in einem Artikel der Zeitschrift ›Groove‹ auf
den Punkt. Er schuf die kurze Formel: »Rhythmus + Wiederholung + Lautstärke =
Trance«65
65 Koch. Ebd. (Gemeint hat der Autor die Groove-Ausgabe von Juni/Juli 1992).
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Auf Trance-Musik generell trifft alles zu, was aus den von Finkbeiner beschriebenen
Elementen besteht.
In der weiteren Entwicklung kommt es bei Trance zur Hinwendung zu Melodien und
harmonischen Klängen. Wolfgang Martin Stroh betonte vor allem die vermittelnde
Qualität dieser Spielart von Techno:
»Was sich Ende 1992 in Gestalt von einzelnen CDs und als experimentelle Variante der
Dancefloor- oder Techno-Musik angekündigt hat und unter dem Etikett ›Melodie ist wieder
angesagt‹ rezipiert worden ist, hat sich nunmehr zu einem
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