benutzt. Ihn
kann man als digitalen Ersatz einer Mehrspuraufnahmemaschine bezeichnen, auf der
man allerdings auf höchst komplexe Weise arrangieren und den Produktionsablauf sehr
genau steuern kann. Das tatsächliche MIDI-File ist sehr komplex und nur mit sehr viel
Fantasie als eine verschlüsselte Form musikalischer Abläufe zu erkennen. Seine
Abbildungsebene stellt die abstrakteste Oberfläche des Software-Sequenzers
dar. Auf der Bediener- oder Arrangier-Oberfläche stehen die im Stück direkt
verwendeten Sounds jeweils auf einer Spur (Track). (Diese Abbildungsweise gilt im
Allgemeinen als MIDI-File-Darstellung). Damit ist ein grober Überblick über die
Instrumentenliste gegeben. Ein Maus-Klick auf einen Track öffnet die nächste Ebene
des Matrix- bzw. Key-Editors, der etwas detaillierteren Aufschluss über die
einzelnen Sounds gibt. Tempo, Takteinsatz, Tonhöhe bzw. -länge, Anschlagdynamik
(Velocity), Tonhöhenbeugung (Modulation, Pitch-Bend) etc. sind über den
Controller grafisch dargestellt und bearbeitbar. Im Event- oder Listen-Editor stehen
dann genaue Zeitwerte und MIDI-Daten der einzelnen Sounds. Dauern und
qualitative Werte wie die der Tonhöhe sind hier numerisch verzeichnet. Diese
Daten beschreiben letztendlich die Beschaffenheit des MIDI-Files. Informationen
über geschlossene sowie vielschichtige Samples und Loops sind über diesen
Anzeigemodus nicht zu entnehmen. Nicht zuletzt gibt es die Möglichkeit, verschiedene
Klangverläufe über einen Score- bzw. Noteneditor anzeigen zu lassen. Dies kann
insbesondere bei Tonhöhen- und Temposchwankungen zu sehr skurrilen Ergebnissen
führen.
7.4.2. MIDI-File-Analyse des Tracks »Skake« von Markus Nikolai
Der in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre geborene Musiker machte bis zum
Zeitpunkt des Interviews (Frühjahr 2000) schon zwanzig Jahre lang Musik. Noten- und
Spielkenntnisse diverser Instrumente (u.a. Akkordeon) wurden ihm vom Großvater
vermittelt, der Dirigent war. Anfänglich bewegte sich Nikolai mehr im Bereich der
Klassik, später kamen Gitarre, Bass und Schlagzeug im Unterhaltungsmusikbereich
hinzu. Während einer Phase mit Analogsynthie-Pop und Vierspur-Recording kam
Nikolai schon sehr früh in den 80er-Jahren zur computergestützt produzierten Musik, die
er bis heute im eigenen professionellen Harddisk-Recording-Studio betreibt. Seine
Arbeitsphilosophie sieht immer eine Einbindung »legendärer, für den Clubmusik-Sektor
historischer« Klangerzeuger in eigene stilistische Entwicklungen vor. Neben aktuellen
Samplern und Synthesizern stehen ›Geräteklassiker‹ wie der Yamaha DX7 und der Mini
Moog auf Nikolais Produktionstechnikprogramm. Der Musikproduktion für das
Major-Label Sony, bei dem er zwei Platten veröffentlichte, zog der unter dem
Projektnamen ›Pile‹ bekannt gewordene Musiker sein eigenes, unabhängiges Label
(»Perlon«)36
36 Auf diesem veröffentlichen zahlreiche Musiker House-Produktionen, die zum Zeitpunkt
der Fertigstellung vorliegender Arbeit in Clubs und Diskotheken ausgesprochen beliebt
waren.
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vor. Dort produziert er ein nicht unbedingt spartenorientiertes Programm, so finden
sich beispielsweise auf der für die Analyse verwendeten Platte »Back« neben
House auch Barjazz- oder New-Wave-Elemente. Am Liebsten spielt der Musiker
live, weshalb das ein oder andere Musik-File direkt nach Pressung der Platte
sozusagen in den Papierkorb wandert. Seine stilistischen
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