- 63 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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Es gibt guten und schlechten Musikunterricht in der Schule, so wie es guten und schlechten Unterricht in jedem Fach gibt. Gibt es Kriterien für den "guten" Musikunterricht? Otto Haase sagt in seinem Buch "Musisches Leben" 1: "Das Musische ist ein Prinzip des Lebens, nicht der Schule". - Sollte nicht aber doch das Musische jede Musikübung tangieren? Haase benennt das Phänomen des Musischen mit drei Qualitäten: das Zyklische, das Kathartische und das Elementare. Was ist das Elementare? Gemeint sind die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde. Im übertragenen Sinne, d.h. im geistig-seelischen Sinne können die Elemente wohl spürbar werden, das Wasser als Symbol des Fließenden, des Rhythmischen, des Bewegten, die Luft als der Wind, in dem der Geist weht und die Freiheit spürbar wird, die Erde als Kraft, die alles Wachstum treibt und das Feuer mit seinem wärmenden Schein. Von all dem könnte doch in unserer Musik immer etwas spürbar werden! - Zyklisch meint den Sinn umkreisen, strahlenförmig auf ihn zuwandern oder ihn in seinen Strahlen nach allen Richtungen wahrnehmen. Wenn wir uns um den Sinn der Musik bemühen, kann die Vorstellung des Zyklischen unsere Wege bis ins Methodische bestimmen. Der Skeptiker bezweifelt die reinigende Kraft (Katharsis) der Musik. Wer es nicht an sich erfahren hat, dem kann man es mit Worten schwerlich beweisen. Unsere Aufgabe ist nicht, die Entrückung in die Welt der Klänge zu bewerkstelligen, sondern die Verwandlung durch eigenes Tun. Wo Sammlung, Konzentration, Ordnung erreicht wird, löst sich die Seele von ihren Schlacken und Unruhen, eine Verwandlung kann für eine Zeit, nämlich für die Zeit des Musizierens, eintreten und weiter nachwirken. Die bekannten musischen Qualitäten scheinen geeignet zu sein, einen Unterricht unter Kontrolle zu bekommen, d.h. ihm abspüren zu können, ob über alles fachlich Gelernte hinaus Wesenhaftes in Gang gekommen ist oder ob das Musische verletzt wurde.

Die Grundschicht des Musikalischen wird zweifellos mit der Musikanschauung der Frühzeit enge Verbindung haben. Die Frühzeit wird in der magischen Musikauffassung begriffen. Niemand bezweifelt, daß im stetig wiederholten Kinderlied die Verzauberung zustande kommt.

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