- 149 -Sydow, Kurt: Musikpädagogische Beiträge aus drei Jahrzehnten 
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die zwar das Kreative auslösen möchte, nicht beansprucht werden kann, ohne ihn zu verpädagogisieren und damit seiner Inhaltsfülle zu benehmen.

Ein gegenwartsnahes Bemühen kann sich nicht der musikalischen Feldforschung verschließen, die sich in der "Modernen Musik" 7 seit 1945 ausweist. Die Öffnung zu einer Klangmusik, die sich noch nicht zu Klangordnungen (Klangskalen) verengt hat und die Einbeziehung von Geräusch und Getön (klingende Umwelt) erweitert in elementare Ausdrucksbereiche, die Befreiung, Entfesselung bedeuten können und zugleich ein neues Musikverständnis anzubahnen vermögen, das Vergangenes und Zukünftiges vielleicht zu bewältigen vermag. Was gemeint ist, verdeutlicht sich, wenn man die Reflexionen zu den Äußerungen der menschlichen Stimme in der Sequenza von Luciano Berio8 zusammenträgt. Studenten und Kinder erwiesen sich in gleicher Weise zugänglich und aufgeschlossen für die Klang- und Tonerscheinungen und findig, sie zu benennen. Der Ertrag der Abhörbemühung hieß: lallen - brabbeln - schnattern - hauchen - flüstern - rufen - schreien - fauchen - bibbern - stöhnen - quieken - wiehern - hüsteln - gurgeln - kieksen - Indianergeheul. Als Ausdrucksqualitäten wurden genannt: ruhig - höhnisch - gehetzt. Dazu kamen musikalisch überlieferte Begriffe wie Kopfstimme - Bruststimme - Kontraste - Registerwechsel - Einzeltöne (tief/hoch/laut) - Gesang - Melodik - Vokalisen - Vibratowechsel - Triller - Vorschläge - Wiederholungen - Echo - Schwingungen - sforzati - glissandi. Als Gesamtergebnis wurde formuliert: Volumen, Ausdrucksfähigkeit und Ausdrucksvielfalt der menschlichen Stimme.

Es liegt nahe, aus einem derartigen Beispiel Anregungen für die Stimmbildung zu entnehmen, als schwierig erweist es sich, eigene Versuche daraus abzuleiten. Nicht zuletzt ist ja ein formaler Aufbau in der Sequenza von Berio schwerlich zu erkennen. Ein Sortiment von Ausdrucksweisen wie etwa "lallen - stöhnen - hauchen - rufen "könnte zu einer Aufgabenstellung gebündelt werden. Jeder Pädagoge weiß, welche Probleme hier einsetzen, um Kinder oder Jugendliche zu ernsthaften Versuchen solcher Art zu bringen. Meistens wird daraus

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