- 31 -Schmidt, Patrick L.: Interne Repräsentation musikalischer Strukturen 
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Sprechmuskulatur an, wenn die Schwierigkeit der Aufgabenstellung (z. B. durch Verwendung fremdsprachlicher oder philosophischer Texte oder komplexer Kopfrechenaufgaben) erhöht wurde (Max 1937; Edfeldt 1959; Bassin & Bein 1961; Hardyk & Petrinovitch 1970; Sokolov 1969; 1972). So nahm z. B. die Intensität der Zungenbewegungen bei einer Multiplikation einer einstelligen mit einer dreistelligen Zahl gegenüber der Addition oder Subtraktion ein- oder zweistelliger Zahlen zu (Sokolov 1972). Darüberhinaus zeigte sich in der Studie von Louis William Max (1937) bei längeren Lösungsphasen, insbesondere bei komplizierten Arithmetikaufgaben, dass die EMG-Werte in der zweiten Hälfte einer jeden Messung tendenziell höher als in der jeweils ersten Hälfte ausfielen. Auch beim Hören undeutlicher Sprachaufnahmen (Smith et al. 1954) bzw. mangelnder Lesbarkeit der Buchstaben eines Textes (Edfeldt 1959) wurden erhöhte EMG-Werte in der Sprechmuskulatur nachgewiesen. Ebenso wirkt sich die Erschwerung der Ausführung einer Aufgabe durch Interpolation nicht dazugehöriger Inhalte aus. So ließen Frank Joseph McGuigan und William I. Rodier (1968) Versuchspersonen einen Text lesen, während sie weißes Rauschen,6
6 Hierbei handelt es sich um ein aus allen hörbaren Frequenzen gleichverteilt zusammengesetztes »Breitbandrauschen«.

einen anderen Text oder eine rückwärts abgespielte Audioaufnahme des von ihnen zuvor gelesenen Textes hörten. Sie stellten fest, dass die akustisch dargebotenen Texte gegenüber dem stillen Lesen signifikant erhöhte EMG-Werte im Stimmapparat bewirkten. Bei weißem Rauschen zeigte sich dieser Effekt nicht. Bei Erwachsenen stiegen die an der Zunge gemessenen EMG-Werte signifikant an, wenn die Lesegeschwindigkeit experimentell erhöht wurde; ein ähnlicher Anstieg der Zungen-EMG-Werte wurde auch bei Kindern bei einer Erhöhung der Leserate nachgewiesen. Vielleicht fiel der gemessene Effekt bei den Kindern nicht so deutlich wie bei den Erwachsenen aus, weil die Amplitude der verdeckten sprachmotorischen Aktivität bereits zu Beginn des Experiments relativ hoch war (McGuigan & Pinkney 1971). Eine Reduktion sprachmotorischer Impulse wurde festgestellt, wenn die Aufgaben sehr schwierig (bzw. höchst schwierig) waren, d. h. wenn die Untersuchungsteilnehmer nicht in der Lage waren, sie zu lösen (Sokolov 1972). Hier wurde auch ein Zusammenhang zur Einstellung der Versuchspersonen gegenüber den im Experiment verwendeten Aufgaben belegt. Zeigte sich ein Proband z. B. wenig interessiert, motiviert oder aufmerksam, so verringerte sich die elektrische Aktivität in seinen Sprechmuskeln. Ähnliches gilt im Fall einer Frustration durch wiederholt erfolglose Lösungsversuche einer gestellten Aufgabe (Smith et al. 1954; Wallerstein 1954; Bartoshuk 1955; 1956; Sokolov 1972). Bei Aufgaben, die zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Versuchsleiter unterbrochen wurden und damit unvollendet blieben, erfolgte – im Gegensatz zu vollendeten Aufgaben – keine unmittelbare Reduktion der Muskelspannung (Smith 1953). In mehreren Studien schließlich ergaben sich Hinweise auf eine negative Korrelation zwischen Intelligenz und Stärke der elektromyographischen Reaktionen der Probanden. Menschen mit höherem Intelligenzquotienten wiesen also auch bei komplexen sprachbezogenen Vorstellungsaufgaben niedrigere EMG-Werte im Stimmapparat auf (Max 1937; Faaborg-Andersen & Edfeldt 1958; Sokolov 1972).

Rudolph Hermann Lotze (1852) vertrat – wie in Kapitel 3.1 auf Seite 24 ff. beschrieben – den Standpunkt, dass im Zusammenhang mit Vorstellungen auftretende


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