Sprechmuskulatur an, wenn die
Schwierigkeit der Aufgabenstellung (z. B. durch Verwendung fremdsprachlicher oder
philosophischer Texte oder komplexer Kopfrechenaufgaben) erhöht wurde (Max 1937;
Edfeldt 1959; Bassin & Bein 1961; Hardyk & Petrinovitch 1970; Sokolov 1969; 1972). So
nahm z. B. die Intensität der Zungenbewegungen bei einer Multiplikation einer einstelligen
mit einer dreistelligen Zahl gegenüber der Addition oder Subtraktion ein- oder
zweistelliger Zahlen zu (Sokolov 1972). Darüberhinaus zeigte sich in der Studie von Louis
William Max (1937) bei längeren Lösungsphasen, insbesondere bei komplizierten
Arithmetikaufgaben, dass die EMG-Werte in der zweiten Hälfte einer jeden Messung
tendenziell höher als in der jeweils ersten Hälfte ausfielen. Auch beim Hören undeutlicher
Sprachaufnahmen (Smith et al. 1954) bzw. mangelnder Lesbarkeit der Buchstaben
eines Textes (Edfeldt 1959) wurden erhöhte EMG-Werte in der Sprechmuskulatur
nachgewiesen. Ebenso wirkt sich die Erschwerung der Ausführung einer Aufgabe durch
Interpolation nicht dazugehöriger Inhalte aus. So ließen Frank Joseph McGuigan und
William I. Rodier (1968) Versuchspersonen einen Text lesen, während sie weißes
Rauschen,6
Hierbei handelt es sich um ein aus allen hörbaren Frequenzen gleichverteilt zusammengesetztes
»Breitbandrauschen«.
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einen anderen Text oder eine rückwärts abgespielte Audioaufnahme des von ihnen zuvor
gelesenen Textes hörten. Sie stellten fest, dass die akustisch dargebotenen Texte gegenüber
dem stillen Lesen signifikant erhöhte EMG-Werte im Stimmapparat bewirkten. Bei weißem
Rauschen zeigte sich dieser Effekt nicht. Bei Erwachsenen stiegen die an der Zunge
gemessenen EMG-Werte signifikant an, wenn die Lesegeschwindigkeit experimentell erhöht
wurde; ein ähnlicher Anstieg der Zungen-EMG-Werte wurde auch bei Kindern bei einer
Erhöhung der Leserate nachgewiesen. Vielleicht fiel der gemessene Effekt bei den Kindern
nicht so deutlich wie bei den Erwachsenen aus, weil die Amplitude der verdeckten
sprachmotorischen Aktivität bereits zu Beginn des Experiments relativ hoch war (McGuigan
& Pinkney 1971). Eine Reduktion sprachmotorischer Impulse wurde festgestellt,
wenn die Aufgaben sehr schwierig (bzw. höchst schwierig) waren, d. h. wenn die
Untersuchungsteilnehmer nicht in der Lage waren, sie zu lösen (Sokolov 1972). Hier wurde
auch ein Zusammenhang zur Einstellung der Versuchspersonen gegenüber den im
Experiment verwendeten Aufgaben belegt. Zeigte sich ein Proband z. B. wenig interessiert,
motiviert oder aufmerksam, so verringerte sich die elektrische Aktivität in seinen
Sprechmuskeln. Ähnliches gilt im Fall einer Frustration durch wiederholt erfolglose
Lösungsversuche einer gestellten Aufgabe (Smith et al. 1954; Wallerstein 1954;
Bartoshuk 1955; 1956; Sokolov 1972). Bei Aufgaben, die zu einem bestimmten
Zeitpunkt vom Versuchsleiter unterbrochen wurden und damit unvollendet blieben,
erfolgte – im Gegensatz zu vollendeten Aufgaben – keine unmittelbare Reduktion der
Muskelspannung (Smith 1953). In mehreren Studien schließlich ergaben sich Hinweise auf
eine negative Korrelation zwischen Intelligenz und Stärke der elektromyographischen
Reaktionen der Probanden. Menschen mit höherem Intelligenzquotienten wiesen also
auch bei komplexen sprachbezogenen Vorstellungsaufgaben niedrigere EMG-Werte
im Stimmapparat auf (Max 1937; Faaborg-Andersen & Edfeldt 1958; Sokolov
1972).
Rudolph Hermann Lotze (1852) vertrat – wie in Kapitel 3.1 auf Seite 24 ff.
beschrieben – den Standpunkt, dass im Zusammenhang mit Vorstellungen auftretende
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