auditiven Wahrnehmung von Musik Tonhöhen entweder vor
ihrem Erklingen unbewusst mit Hilfe des Stimmapparates antizipierend simuliert
werden oder nach ihrem Erklingen repetiert werden (»Simulationstheorien«). Tragen
die motorischen Prozesse unmittelbar zum Zustandekommen von Vorstellungen
bei, wie es von den »Repräsentationstheorien« propagiert wird, so müssten die
Kehlkopfbewegungen zeitgleich mit dem Hören von Musik auftreten bzw. streng genommen
diesem ebenfalls vorausgehen, um Wahrnehmungen bzw. Hörvorstellungen überhaupt erst zu
ermöglichen. Die ungenaue bzw. fehlerhafte zeitliche Auflösung der SOM-Software des
verwendeten Biofeedbackgerätes und die dadurch fehlende exakte Synchronisation von
Höraufgaben und physiologischer Messung verhinderten eine genauere Analyse dieser
Fragestellungen.2
Geht man davon aus, dass die motorischen Prozesse im Kehlkopf eine Bedeutung für die Klangvorstellung haben, so erscheint Alan Baddeleys (von ihm selbst bereits wieder verworfenes) Konzept einer artikulatorischen Schleife zur Erklärung der vorliegenden Ergebnisse am besten geeignet. Analog zum mehr oder weniger bewussten Vorgang des inneren Repetierens z. B. von zu merkenden Telefonnummern würde »inneres Singen« musikalische Information im Arbeitsgedächtnis halten. Dies setzt allerdings voraus, dass muskuläre Aktivität musikalische Information entweder isomorph abbilden oder aber eine Repräsentation abrufen kann. Die Feststellung, dass sich die Stärke der elektromyographischen Aktivität im Kehlkopf beim Musikhören und Vorstellen von zuvor gehörter Musik nicht von der bei Klangvorstellung nach Noten unterschied, spricht (1) gegen die Hypothese, dass akustische Reize stärkere physiologische Reaktionen auslösen als visuelle Reize; (2) gegen die Theorie, dass visuelle Zeichen im Gegensatz zu auditiv wahrgenommenen Klängen durch inneres Sprechen/Singen motorisch umkodiert/transformiert werden müssen (vgl. Kapitel 3.3.1 auf Seite 34 f.). Es deutet vieles daraufhin, dass sowohl visuelle als auch akustische Informationen, wie Tonhöhe oder Rhythmus kinästhetisch repräsentiert werden müssen, um z. B. mit Hilfe einer »artikulatorischen Schleife« aufrechterhalten werden zu können. Vielleicht handelt es sich dabei um ein nicht-sprachliches Erkennen und Speichern von Melodieverläufen in Form von Muskelspannungen, d. h. um prozedurales Wissen. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die motorischen Prozesse im Stimmapparat mit einer sprachlich-semantischen Kodierung musikalischer Klänge im Zusammenhang stehen. In diesem Fall wären die motorischen Prozesse nicht im Sinne eines »inneren Singens« sondern eher im Sinne eines »inneren Sprechens« zu deuten, welches der Be- bzw. Umschreibung des Gehörten oder des Vorzustellenden dienen könnte. Diese Interpretation ragt hinein in das ungelöste allgemeine Problem des Verhältnisses zwischen Denken und Sprechen (siehe z. B. Vygotskij 2002; Paivio 1979 bzw. Pylyshyn 1981). Aufgrund mehrerer oben angeführter Studien in denen sich die Atemfrequenz in Abhängigkeit musikalischer Stimuli veränderte, könnte aber auch vermutet werden, dass Kehlkopfbewegungen im Zusammenhang mit der Atemtätigkeit entstehen. Die erhöhten EMG-Werte bei musikalischen Klangvorstellungen können aber nur bedingt auf die Atemtätigkeit als solche zurückgeführt werden, da die elektrische Aktivität |