die zuweilen apodiktisch
so und nicht anders lesbar sein sollen und bestenfalls graduell im Sinn dann noch hier-
oder dorthin verschiebbar sind, können dabei an anderen Orten in der Welt
gänzlich anders gelesen werden, was Befremden auslöst. Setzen wir an die Stelle
des zum Beispiel genommenen Lehrenden und seines Wissenshorizontes das
»Eigene« oder »Lokale« und an die Stelle des Schülers mit seinem Horizont
das »Fremde« bzw. »Globale«, das von allen Seiten auf Eigenes gedanklich
Zugriff nimmt und neu beleuchtet, so haben wir in dem Beispiel parabelhaft fast
schon vorgeführt, was mit dem Internet an Befremden auf den Weg gebracht
ist.
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Um Missverständnissen vorzubeugen: Aus der Parallelsetzung »Lehrer und Eigenes« sowie
»Schüler und Fremdes« sind selbstredend keine Qualifizierungen abzuleiten, die dem einen
Vorrang vor dem anderen oder »Mehrwissen« einräumten. Wer will, kann die Zuschreibungen
selbstredend auch umkehren.
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Dass das Maß der Gerinnung vom Maß einer Gesinnung abhängig ist, wird nunmehr im
globalisierten Spiel mit Zeichen immer deutlicher, wo von lokalen Standpunkten aus
Gesinnungsarbeit geleistet wird. Der Stand der Zeichen ist so in Fluss geraten, dass
nachgerade der bedeutende Stand der Dinge seinen Halt zu verlieren beginnt.
Das Spannungsfeld zwischen lokal und global wird mit dem Internet verschärft
und impliziert fast notwendigerweise ein Kontingenzdenken bzw. -bewusstsein.
Und auch deutlich wird an diesem Beispiel, wie problematisch es wäre, allein
die virtuelle Welt des Internets zu beleuchten, wo diese Welt von allen Seiten
mit neuen oder anderen Bedeutungen aufwartend auf unsere vertraute Welt
zurückwirkt.
1.1. Das ›globale Dorf‹ gibt es nicht!
»Obwohl die Welt kein globales Dorf ist (McLuhan 1962), kann
das ›Dorf‹ eines
Einzelnensehr wohl den ganzen Globus umfassen«
(Barry Wellmann 2000: 141).
»Nur diejenige Verworrenheit ist ein Chaos, aus der eine Welt entspringen kann«
(Friedrich Schlegel 1980a: 272).
»Die Unordnung, ertragen, gibt ein Bild; die Ordnung dagegen...«
(Peter Handke 2000: 223).
Eine Berücksichtigung der Kontingenz – des Andersseins – sieht ihren Grund in den
zunehmenden globalen Vernetzungen, bei denen Landesgrenzen keine rechte Rolle mehr
spielen, kulturelle Traditionen anderen zugänglich werden wie nie zuvor und aus
fremdem Blickwinkel betrachtet geprüft werden. Globalität setzt Offenheit
voraus und den reflektierten Umgang mit eigenen Ordnungsmustern. Lokale
Gründe differenzieren sich umgekehrt im Zuge der weltweiten Vernetzungen weiter
aus.
Im Zusammenhang mit globalen Vernetzungen ist – McLuhan sei’s gedankt – vom
globalen Dorf immer wieder die Rede. Das leuchtet einerseits ein, wo Datenströme
Entfernungen zum vernachlässigbaren Faktor machen, wirtschaftliche und politische
Entscheidungen am einen Ort an anderen Orten – rund um die Welt – Wirkungen
zeitigen. Doch trotz dieser Vernetzungen und einer nah herangerückten Ferne bzw.
der »Temporalisierung der Differenz von anwesend und abwesend« (Luhmann
1997: 152f.) ist die Welt kein globales Dorf.