- 6 -Schläbitz, Norbert: Mit System ins Durcheinander  
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fragen, ob in der unbekannten nicht auch eine »denkbare« oder richtungsweisende, neue Lesart aufscheinen kann.

Bedauerlicherweise ist an dieser Stelle Akustik durch Phonetik zugegebenermaßen nur unzureichend zu simulieren, daher bietet das zu Beginn dieser Ausführungen ins Bild gesetzte Beispiel vielleicht einen besseren, weil anschaulicheren Dienst. Wer die Signifikantenkette »Goethe« liest oder in Klang gewandelt hört, leitet aus diesen Erscheinungsweisen als Signifikat die Person und den Dichter ab. Gleichwohl wurde gezeigt, dass aus der Erscheinung auch ein anderer Bezug abzuleiten ist, sodass man sagen kann, der Erscheinung wohnt ein Mehrwert inne. In der Person ist nur ein denkbarer Aspekt verkörpert, der auf einer bestimmten sozialen Unterscheidung aufbaut. Wer nun im Bild den Schattenwurf eines Motorrads erkennt, leitet aus der Erscheinung als Signifikat die Gegenständlichkeit Motorrad ab. Würde eine andere Betrachtungsweise angelegt und der Schattenwurf anders bedeutet, würde das – ebenso wie beim Beispiel »Goethe« – den Protest aller hervorrufen, die sich ihrer Sache gewiss sind und im Schatten ein Abbild erkennen, das klar und deutlich auf eine Sache (eine Person . . . etc. – zuletzt ggf. auf das Ding an sich) deutlich verweist. Signifikat und Signifikant fallen dabei praktisch in eins, eine andere Denkmöglichkeit wird ausgeschlossen. Gleichwohl zeigt das nachfolgende Bild, wie sehr soziale Unterscheidungen, sofern sie mit Ausschließlichkeitsgeboten arbeiten, auch in die Irre gehen lassen bzw. die Möglichkeit zum Anderssein nicht ansatzweise mitbedenken lassen. Die Interpretation des Schattenwurfes zum Motorrad ist – so naheliegend sie auch ist, weil sie der Konvention geschuldet ist – nicht zwingend, wie der Blick auf das ganze Bild verdeutlicht. Sie wohnt dem Vorwissen inne. Nichts erinnert mit Blick auf das ganze Bild an ein Motorrad als Ursprung, obwohl jener Schattenwurf diesem komponierten Chaos aus Einzelteilen entsprungen ist. Der japanische Künstler Shigeo Fukuda hat diese Skulptur, bestehend aus Messern, Gabeln und Löffeln, ersonnen und gebaut. Die Bereitschaft von dem Schatten auf einen anderen Ursprung zu schließen dürfte wesentlich von der konventionellen Deutung beeinträchtigt sein. Wer also immer anders interpretiert und eine andere Gestalt abstrahiert, mag auch gute Gründe dafür haben, die nur im Widerspruch zur Konvention stehen.


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