- 63 -Schabbing, Bernd: Musik- und Audiotechnologien zwischen Technik, Marketing und Kundenwunsch 
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mehr »schwache« bzw. nur wenige Kunden ansprechende Einzelstücke zusammen mit den »Hits« auf einer Schallplatte verkaufen, sondern die Kunden würden sich wie beim Internet-Download gezielt die gewünschten Stücke aussuchen.

Zugleich können so aber auch preiswert Marktnischen besetzt und kommerziell ausgewertet werden, was besonders kleinen Anbietern große Möglichkeiten eröffnet. Außerdem würde die Individualisierung des Verbrauchers positiv verstärkt, indem er – wie bei dem Konzept des Pay-Radio und Pay-TV – wirklich nur für die Leistungen bezahlt, die er haben will und real nutzt. Eine weitere ungelöste Frage ist allerdings, ob der Erwerb von Musikwerken dann nur für einmaliges Hören gedacht sein soll – in diesem Fall würde sich wie bei den Leerkassetten die Frage stellen, wie man Zuwiderhandlungen überprüfen will – oder ob darin auch das Recht der Speicherung auf der Festplatte des Computers oder einem »klassischen« Träger wie etwa der MC, dem DAT-Recorder oder bespielbaren CDs enthalten wäre.

CD on Demand in diesem individualisierten Sinn ist bereits möglich: Schon 1994 kündigte der FOCUS an, dass der US-Videoverleiher Blockbuster zusammen mit IBM ein System für »CD auf Wunsch« entwickeln wollte.181

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Focus 29 / 1994, S. 106f.
Über das System sollten die bestellten Musikstücke dann von einem Zentralcomputer abgerufen und direkt im Laden auf CD gespeichert werden. Ergebnisse wären ein Bereithalten des gesamten Sortiments und eine stark verringerte Lagerhaltung. Durch die wiederbeschreibbare CD ist dies technisch bereits kein Problem mehr. Allerdings blockiert die Musikindustrie diese Vertriebsform derzeit noch. Derzeit gibt es daher als genehmigte CD on Demand fast nur stationäre Geräte im Handel, die als erstes mit dem Karstadt Music Master182
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S. Lencher/Bochnig 1997 und Stolberg/Ohrtmayr 1997.
und jüngst z. B. durch das Medienkaufhaus »Pressezentrum« in Lübeck realisiert wurden, wo CD on Demand vor Ort per PDA (portabler Minicomputer) möglich ist und die CD dann direkt gebrannt wird und mitgenommen werden kann.183
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Focus 25/2003, S. 116, vgl. auch http://www.pressezentrum.de.

Sonst ist der jeweilige Partner bzw. Kunde auf die Genehmigung der Musikindustrie oder der betreffenden Künstler angewiesen, etwa bei der Aktion einer individuellen »Wunsch-CD« für ihre Leser, die die Fernsehzeitung Prisma im Spätsommer 2003 durchführte. Obwohl dieses Modell bei frühzeitiger offensiver Anwendung durch die Musikindustrie sehr erfolgreich hätte werden können, da es dem Kundenwunsch nach Individualität einerseits und einem handhabbaren Musikmedium andererseits Genüge tut, wurde es wegen der oben genannten Gründe von der Musikindustrie bekämpft. Stattdessen wichen die Kunden auf den Download von MPEG-Dateien aus dem Internet mit nachfolgendem Brennen dieser Dateien auf CD-R oder Übertragung auf die mittlerweile stark verbreiteten MPEG-Player aus.


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