- 29 -Schabbing, Bernd: Musik- und Audiotechnologien zwischen Technik, Marketing und Kundenwunsch 
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Anspruchsgruppen in den letzten Jahrzehnten wurde durch verschiedene Varianten bei der Ausstattung, Qualität und Technik Rechnung getragen.

An die Stelle der Quadrophonie ist heute mit Dolby Surround ein System aus der Unterhaltungselektronik getreten, das eine andere Technikanwendung bietet und auf einen veränderten Markt reagiert hat. Hier steht nun nicht die Wiedergabe von Musik, sondern die Effektsteigerung des Klanges bei Filmen in erster Linie im Vordergrund.48

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Allerdings haben aktuell Forscher der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Elektronische Medientechnologie AEMT auf Basis des Dolby-Systems ein Soundsystem entwickelt, das hervorragenden Klang in jedem Raum und auf jedem Platz bringen soll (Pressemitteilung Fraunhofer-Gesellschaft vom 19.02.2003). Konzept ist, mit Hilfe der sog. Klangfeldsynthese nicht nur den Ton an sich, sondern auch die Schallcharakteristik des umgebenden Raums und Informationen über die räumliche Anordnung der Schallquellen aufzuzeichnen. Allerdings ist das System noch nicht für breite Massenanwendung konzipiert. Vgl. http://www.emt.iis.fraunhofer.de
Dabei wurden bei der Einführung die meisten der Fehler, die zum Misserfolg der Quadrophonie geführt hatten, vermieden.

Gerade nun, da die Einführung der CD und die entscheidende Verbesserung von Aufnahme- und Wiedergabetechniken die Übertragungsprobleme von Musik mit mehr als zwei Kanälen eliminiert hat, sind die neuen Möglichkeiten der Quadrophonie durch ein System der »leichten« Unterhaltungselektronik ersetzt worden, um den lukrativen Fernseh- und Video-Unterhaltungsmarkt schnell mit dieser Technologie zu versorgen.

Dabei ist ein weiteres Problem in der Frage der Abmischung zu sehen: Eine Technik, die zunächst auf Effekte und darauf gerichtet ist, den Hörer (und Seher) mitten in das Geschehen zu projizieren, wird sich wenig eignen, eine Aufnahme »ernster« Musik quadrophonisch wiederzugeben (s. o.). Auch wird sich die Mischtechnik hierauf einstellen. Diese Probleme wurden auch schon auf der KlassikKomm 1995 angesprochen, etwa im Vortrag von Hans Schmid, Tonmeister des Bayerischen Rundfunks.

Auf diesem Weg wird aber ein viel größerer Kundenkreis erreicht, da nicht nur die Hörer klassischer Musik, sondern in erster Linie Fernseh- und Video-Konsumenten angesprochen werden. Auch ist nun eine größere Gruppe »HighTech-Freaks« bereit, für eine überdies unkomplizierte und erschwingliche »Effekt-Technologie« Geld auszugeben, die eine mittlerweile etablierte Stereo-Hörgewohnheit verfeinern kann.

Das Fazit ist einfach: Dolby Surround bietet technisch weniger, als das damalige Konzept der Quadrophonie versprach. Dafür hat Dolby Surround aber im Gegensatz zur Quadrophonie das Versprochene auch eingelöst. Es ist eine »einfache« Technik für einen breiten Massenmarkt, hat große Kompatibilitäts- und Anpassungsmöglichkeiten und bietet dank Mikroelektronik und Diversifizierung des Marktes »Surround für jeden Geldbeutel«. Auch die einfache (weil weitgehend automatisch funktionierende) und dennoch »effektive« Technik zu einem geringem Preis ist eine überzeugende Mischung, die so in den 1970er Jahren nicht möglich war.


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