Vorwort
Der vorliegende Band versammelt die Referate, die anlässlich der Arbeitstagung der
Kommission zur Erforschung musikalischer Volkskulturen in der Deutschen Gesellschaft
für Volkskunde e. V. vom 14. bis 16. Oktober 2004 gehalten wurden. Gastgeber war das
Institut für Musikalische Volkskunde an der Universität zu Köln, von dem aus seit 1974
die Kommissionsarbeit organisiert wird und das mit dieser Veranstaltung zugleich sein
40-jähriges Bestehen feierte.
Bereits 1978 hatte die Kommission zur Erforschung musikalischer Volkskulturen
(vormals: Kommission für Lied-, Musik- und Tanzforschung) eine Tagung zum Thema
Volksmusik und elektronische Medien veranstaltet. Damals wurde der Einfluss von
Schallplatte, Musikkassette, Rundfunk und Fernsehen auf die Vermittlung, Tradierung
und das Verständnis von musikalischer Volkskultur behandelt. Seitdem hat sich die
Entwicklung elektronischer Medien enorm beschleunigt. Hinzu gekommen sind Video,
CD, Mini Disc, DVD, MP3 und Internet, die die alten Medien teilweise ersetzt haben.
Die in drei Jahrzehnten stark veränderte Situation legte es nahe, das Thema
Musikalische Volkskulturen und elektronische Medien wieder aufzugreifen und zu
aktualisieren.
Der Rückblick von Helga Thiel auf die Geschichte des Wiener Phonogrammarchivs,
das außer Musik die verschiedensten sprachlichen, politischen, wissenschaftlichen und
künstlerischen Dokumente beherbergt, verdeutlicht den rasanten technischen Fortschritt
im Laufe des letzten Jahrhunderts. In den Anfängen war die Forschung durch ein schwer
zu transportierendes Equipment stark eingeschränkt. Sie konnte nicht vor Ort
stattfinden, sondern die Informanten mussten sich zu den Aufnahmegeräten, die oftmals
in an Bahnlinien gelegenen Hotels aufgestellt waren, begeben. Erst mit der Entwicklung
leichter und bedienungsfreundlicher Geräte waren Feldforscher in der Lage, ihre
Gewährspersonen in der ihnen vertrauten Umgebung aufzusuchen.
Gegenwärtig sind viele Archive damit beschäftigt, die alten Bestände auf neue
Datenträger zu überspielen. So konnten zahlreiche Dokumente des Berliner
Phonogrammarchivs bewahrt und der musikalischen Praxis sowie einer breiteren
Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden. Allerdings sind solchen
»Rettungsversuchen« finanzielle Grenzen gesetzt. Musikarchivierung ist – so die
ernüchternde Bilanz von Gabriele Berlin – inzwischen weniger ein technisches als ein
kulturpolitisches Problem.
Vor Euphorie angesichts eines gesteigerten technischen Potentials warnt Manfred
Seifert: Stets berge der Einsatz von Medien die Gefahr, Lebendiges zu fixieren und
darüber hinaus zu manipulieren. Technische Perfektionierung garantiere keineswegs die
Seriosität der Aufnahme und die Verbesserung ihrer dokumentarischen Qualität. Durch
die neuen Medien seien im Gegenteil sogar die Möglichkeiten interpretativer Eingriffe
gewachsen.
Das Internet erleichtert die Zusammenarbeit verschiedener Institutionen. Das
Österreichische Volksliedwerk, Dachverband der Volksliedwerke der österreichischen