- 205 -Probst-Effah, Gisela (Hrsg.): Musikalische Volkskultur und elektronische Medien 
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Belehrung, Unterhaltung [diese übrigens mit absoluter Dominanz (Verf.)] und Erbauung« vermitteln. Demgemäß hatten lt. Goebbels die Rundfunkredakteure als »Volksbildner« zu fungieren, »die am Hebel der Zeit sitzen, die die Zeit machen, die mit dafür sorgen, dass diese Zeit in eine bestimmte Bahn hineingestoßen wird und aus dieser Bahn niemals mehr herauskommt«.5

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5   Ebd. S. 38.

Technisches Medium – »neudeutsch« die Hardware dieser Verbreitung – war, wie sich mir im autobiografischen Erinnerungsprozess allmählich immer konkreter erschloss, auch für diese den Schrecken der Diktatur und des Krieges ganz bewusst überspielenden und vernebelnden Schlager der sogenannte Volksempfänger: Schon zur Funkausstellung im August 1933 war dieses von 28 deutschen Rundfunkapparate-Herstellern als Billigradio für alle Bevölkerungsschichten entwickelte und gebaute Gerät in einer Stückzahl von 100 000 im Handel verfügbar.6

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6   Ebd. S. 49.

Bis Kriegsbeginn wurden auf Druck des Regimes (Originalton: »Es darf in diesen Tagen […] kein deutsches Haus geben, in dem nicht ein Rundfunkgerät vorhanden ist« bzw. »Rundfunkhören [ist] eine staatspolitische Pflicht«)7

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7   Ebd. S. 37.

nicht weniger als 3,5 Millionen Exemplare verkauft, das Stück für 76 RM, abzahlbar in 18 Monatsraten à 4,40 RM. Und schon bald wurde das Angebot noch ergänzt durch den Batterie-gespeisten tragbaren – und damit ja potentiell geradezu omnipräsenten – Deutschen Kleinempfänger DKE 38, ab 1938 zu 35 RM zu haben. Bezeichnenderweise wurde dieses »Portable« vom Volksmund schon bald mit »Göbbelsschnauze« tituliert.8

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8   Ebd. S. 50.

Technisch ausgestattet waren diese Geräte nur für Mittelwellen-Empfang, um damit das Abhören von auf Kurzwelle zu empfangenden Auslandssendern – seit Kriegsbeginn »Feindsender« genannt – zu erschweren, was obendrein härteste Bestrafung bis zum Zuchthaus, in besonderen Fällen bis zu KZ und Hinrichtung nach sich ziehen konnte. Parallel dazu erfolgte eine allmähliche Monopolisierung des Rundfunks: Die ursprünglich elf Regionalanstalten wurden zunehmend auf gemeinsame Programme festgelegt und schließlich gänzlich in die neue Institution Reichsrundfunkgesellschaft einverleibt.

Dies alles machte es möglich, zusammen mit intensiver direkter politischer Propaganda eben auch jene vom Regime und zumal von Goebbels bewusst geförderten Schlager, die eine »geschönte Wirklichkeit« suggerierten und damit große Teile der Bevölkerung nicht nur in ihren Bann zogen, sondern obendrein von den Brutalitäten der Diktatur und den Schrecken des Krieges ablenkten, bei Tag und Nacht immer wieder in quasi jedes deutsche Haus gelangen zu lassen. Dadurch gewannen manche von ihnen nicht nur im deutschen Reich, sondern auch im Ausland (siehe das Beispiel Lili Marleen)9

Schepping, Wilhelm: Zeitgeschichte im Spiegel eines Liedes. Der Fall Lili Marleen – Versuch einer Summierung. In: Musikalische Volkskunde – aktuell. Festschrift für Ernst Klusen zum 75. Geburtstag. Hg. v. G. Noll und M. Bröcker. Bonn 1984. S. 435–464.-->

9   Schepping, Wilhelm: Zeitgeschichte im Spiegel eines Liedes. Der Fall Lili Marleen – Versuch einer Summierung. In: Musikalische Volkskunde – aktuell. Festschrift für Ernst Klusen zum 75. Geburtstag. Hg. v. G. Noll und M. Bröcker. Bonn 1984. S. 435–464.

einen hohen Bekanntheitsgrad. Befördert wurde diese Uniformierung im Hörrepertoire seit Kriegsausbruch zusätzlich dadurch, dass alle Kriegs-Sondermeldungen und – nach Beginn der Bombenangriffe der Alliierten – damit auch die überlebenswichtigen konkreten Anflugmeldungen feindlicher Bombengeschwader

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