Michael Schenk
Musik aus dem Nichts? – Das biographische
Element als didaktische Vermittlungshilfe
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Die Bedeutung des biographischen Elements im Musikunterricht des ausgehenden
20. Jahrhunderts
Der Beitrag zu einer Festschrift, deren Klammer vielfältiger Themen
die Widmung an eine Person ist, mag Anlass sein, über die Personalisierung
des Gegenstandes Musik im gegenwärtigen Musikunterricht nachzudenken.
Ob allein das Sujet, das Werk, der Arbeitsprozess und das Arbeitsergebnis
Auskunft über den Gegenstand Musik geben können, oder ob nicht
auch die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen der Entstehung wie der Rezeption
zu thematisieren sind, steht heute außer Diskussion. Musikpsychologische
und musiksoziologische Fragestellungen bestimmen unser Verständnis vom
auditiven Ereignis ebenso wie Kompositionsanalysen, Werk-, Gattungs- und Musikgeschichte.
Darüber hinaus muss allen, die den Unterrichtsprozess vorzubereiten
suchen, bewusst sein, dass Musik von Menschen gestaltet, nachgestaltet oder
vermittelt wird, und dass Musik in allen erdenklichen Bildungs- und Erziehungssituationen
– institutionell gestaltet oder im privaten Rahmen – nur durch den handelnden
Menschen bewusst, weil hörbar werden kann. Wie weit aber geht die Notwendigkeit,
bei der Auseinandersetzung mit Musik auch ihre Entstehung und damit ihre
personale und soziale Bedingtheit mittels konkreter Biographien zu thematisieren?
Schon die Vielfalt der Begriffe (Biographie, Porträt, Lebensdaten,
biographische Anekdote, Lebensskizze usw.) und des dahinterstehenden Ausmaßes
an Information über das Leben einer Person stellen ein grundlegendes
Verständnisproblem dar. Vielfältig ist der Begriff der Biographie,
wenn man seine Verwendung in den unterschiedlichsten Zusammenhängen
von Sozialwissenschaften, Pädagogik, Ethnologie, Psychologie usw. mitbeachtet;
Analysen einzelner Lebensläufe, Analysen parallelisierter Lebensläufe
in sozialen Kreisen, statistische Auswertungen von Lebenslaufforschungen
oder personenbezogene Auswertungen unter dem Aspekt von Verhaltensauffälligkeiten
sind nur einige der heute gängigen Biographiever- und Erarbeitungen.
Nicht
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