Walter Heise
Vom technischen Fach zur fachlichen
Technik – Zum Wandel des Begriffs
»Technik« in den zwanziger Jahren
Das Technische versteht sich von selbst.
JÖDE 1919, 127
Ja, die Situation ist eine so andere
geworden, daß selbst das Wort Technik
heute auf die Musik in anderm Sinne
angewandt wird als früher.
KESTENBERG 1930, 8 |
Im Jahre 1930 erschien ein von Leo Kestenberg unter dem Titel
Kunst und Technik herausgegebener Sammelband1,
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Vollständiger Text in einer von Walter Heise bearbeiteten Neuauflage
unter www.epos.uos.de. |
der im Kestenberg-Schrifttum nur selten behandelt wird und der auch in einschlägigen
zeitgenössischen Zeitschriften kaum Resonanz fand. Dieses mag daher
rühren, daß Kunst und Technik auf
den ersten Blick keine für Kestenberg repräsentative Thematik war.
Zudem war der Band in der Auswahlreihe des Volksverbandes
der Bücherfreunde erschienen und hatte, da er nur an Mitglieder
abgegeben wurde, nur einen begrenzten Leserkreis. Schließlich mag es
in den frühen dreißiger Jahren auch nicht mehr opportun erschienen
sein, einen von Kestenberg herausgegebenen Band ausführlich zu rezensieren.
Die vorangestellten Zitate markieren die Bedeutungsausweitung des Wortes
›Technik‹, die sich innerhalb eines Jahrzehnts in der Musikliteratur vollzog.
Während Jöde vom Technischen im überkommenen Sinne spricht,
nimmt Kestenberg das Thema ein Jahrzehnt später auf und begründet
die Veröffentlichung der Beiträge damit, daß sich der begriffliche
Zusammenhang von Technik und Musik in jüngster Zeit völlig geändert
habe und einer grundlegenden Klärung bedürfe.
Geht man dem älteren Technik-Begriff in der Musik nach, so begegnet
man zunächst einer für das allgemeine Musikleben z.T. bis heute
gültigen Definition der folgenden Art:
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